ABGESCHOBENER KURDE VON MILITÄRGERICHT VERURTEILT (KLEINE ANFRAGE)
Bonn: (hib) mr- Mit der Situation eines im Juli 1998 aus Deutschland abgeschobenen kurdischen Asylbewerbers setzt sich die PDS in einer Kleinen Anfrage ( 14/289) auseinander. Sie erläutert darin, der Kurde sei mit seiner schwangeren Frau und seinen drei kleinen Kindern in die Türkei abgeschoben worden, da das zuständige Verwaltungsgericht in mehreren Entscheidungen seine Darstellungen, er sei aus der türkischen Armee desertiert, habe den Kriegsdienst verweigert und dies auch den türkischen Behörden mitgeteilt, so daß ihm im Falle einer Abschiebung politische Verfolgung drohe, in allen Punkten als unglaubwürdig betrachtet und seine Dokumente als gefälscht bewertet. Nach der Abschiebung habe sich jedoch die Darstellung des Kurden "in allen Punkten als wahr erwiesen". Seit seiner Abschiebung, so die PDS-Fraktion, sei er inhaftiert worden und sitze zur Zeit im Militärgefängnis in Izmir ein. Im November 1998 habe das dortige Militärgericht ihn wegen seiner Desertion zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und festgelegt, daß er danach trotzdem den Militärdienst abzuleisten habe. Zusätzlich werde gegen den Kurden auch vor dem Staatssicherheitsgericht in Diyarbakir verhandelt im Zusammenhang mit seiner den türkischen Behörden gegenüber angezeigten Kriegsdienstverweigerung. Den Angaben seines Verteidigers zufolge sei er von Anfang an geschlagen und mißhandelt worden. Zudem sitze er seit November in Isolationshaft.
Von der Bundesregierung will die Oppositionsfraktion nun erfahren, ob ihr bekannt ist, daß gegen den Kurden am 10. November 1998 ein Verfahren vor dem Staatssicherheitsgericht in Diyarbakir wegen seiner Kriegsdienstverweigerung, die er in Deutschland angezeigt hat, eröffnet wurde und ob ihr zudem bekannt ist, daß er aufgrund jenes Paragraphen des Antiterrorgesetzes angeklagt wurde, der die Meinungsfreiheit unterdrückt und mit dessen Hilfe auch Prozesse gegen viele Intellektuelle, wie zum Beispiel Yasar Kemal, geführt wurden. Die Bundesregierung soll den Vorgang der Anklage gegen den Kurden durch ein sogenanntes Staatssicherheitsgericht wegen einer politischen Meinungsäußerung bewerten und erläutern, welche Schlüsse sie daraus hinsichtlich möglicher neuer Asylverfahren in vergleichbaren Fällen zieht. Die Abgeordneten interessiert ferner, ob die Regierung die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts teilt, wonach die Anklage vor einem türkischen Staatssicherheitsgericht wegen eines Staatsschutzdeliktes regelmäßig politische Verfolgung darstelle. Gefragt wird ferner, ob die Bundesregierung vor diesem Hintergrund der betroffenen kurdischen Familie ein Einreisevisum in die Bundesrepublik Deutschland erteilen wird, damit diese ihr Asylverfahren weiter betreiben kann und ob ihr die Aussagen des Verteidigers des Kurden bekannt sind, wonach er während seiner Haft geschlagen und gefoltert wurde. Mitgeteilt werden soll zudem, was die Regierung getan hat, um den Betroffenen in dieser Situation zu unterstützen.