1. Untersuchungsausschuss
AKTENFEHLBESTÄNDE IM BUNDESKANZLERAMT BESTÄTIGT
Berlin: (hib/MAR-bn) Der Chef des Bundeskanzleramtes, Staatssekretär Frank-Walter Steinmeier, hat am Donnerstagvormittag vor dem 1. Untersuchungsausschuss das Fehlen von Akten des Bundeskanzleramtes zur Privatisierung der Erdölraffinerie Leuna und zur Veräußerung des Minol-Tankstellennetzes bestätigt.
Verschwunden seien sieben Ordner mit Originalunterlagen sowie eine Registraturkarte. Staatssekretär Steinmeier räumte ein, dass sein Bericht zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein vorläufiger sein müsse, da die Prüfungen noch andauerten.
Eine im November 1999 gebildete Arbeitsgruppe habe dem Auftrag, zu den vom Untersuchungsausschuss benannten Themenbereichen sämtliche Aktenbestände zu sichern und zu sichten.
Im Einzelnen handelt es sich dabei um die Untersuchungsaufträge Panzerfahrzeuge/Saudi-Arabien, Leuna/Minol, Airbus-Flugzeuge/Kanada und Thailand, MBB-Hubschrauber/Kanada, erweitert um die Themen Privatisierung des Bundeseisenbahnvermögen-Wohnungsbestandes und Weltwirtschaftsgipfel 1995/Bear-Head-Projekte.
Die Arbeitsgruppe habe am 1. Februar ihren ersten Bericht vorgelegt.
Aufgrund festgestellter Lücken bei der Dokumentation wichtiger Entscheidungsprozesse, so Staatssekretär Steinmeier, wurde am 2. Februar 2000 Bundestagsvizepräsident a.D.
Burkhard Hirsch gebeten, die Leitung der disziplinarischen Vorermittlungen zu übernehmen. Dessen Aufgabe sei es, jetzige und frühere Bedienstete des Kanzleramtes zu den Vorgängen zu befragen.
Da die Befragungen erst vor wenigen Tagen begonnen hätten, könne noch kein Ergebnis vorgelegt werden.
Wie Staatssekretär Steinmeier weiter ausführte, sei auf der Grundlage des Arbeitsgruppenberichts gegenwärtig festzustellen, dass der Komplex Leuna/Minol in der Aktenlage des Kanzleramtes nicht so dokumentiert sei, dass sich die Entwicklung von Entscheidungsprozessen nachvollziehen ließe.
Ähnlich unbefriedigend sei die Aktenlage bei den anderen Gegenständen des Untersuchungsauftrags.
Die Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses wurde am Donnerstagnachmittag fortgesetzt mit einer informatorischen Anhörung zu den rechtlichen Grundlagen der Parteienfinanzierung.
Die Sachverständigen Professor Martin Morlok von der Fernuniversität Hagen und Professor Otto Depenheuer von der Kölner Universität sollten unter anderem zu den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundlagen, zur Rechenschaftspflicht der Parteien sowie zur konkreten Ausgestaltung der Rechenschaftslegung befragt werden.