RÜCKFÜHRUNG AUSREISEPFLICHTIGER TÜRKEN NICHT VERTIEFT (ANTWORT)
Berlin: (hib/WOL-in) Die Rückführung ausreisepflichtiger türkischer Staatsangehöriger ist bei den Gesprächen von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) bei seinem Besuch in der Türkei im November 1999 nicht vertieft worden.
Insbesondere seien darüber keine Vereinbarungen getroffen worden, heißt es in der Antwort der Bundesregierung ( 14/2463) auf eine Kleine Anfrage der PDS zu deutsch-türkischen Vereinbarungen über Abschiebungen in die Türkei ( 14/2342).
Die Regierung führt weiter aus, im rechtlichen Sinne seien Flüchtlinge Personen, die die Voraussetzungen der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllen.
Dies müsse in dafür bestimmten Verfahren festgestellt werden. Entsprechend seien Flüchtlinge daher von Personen zu unterscheiden, die nach rechtskräftig abgeschlossenem Asylverfahren ausreisen müssen.
Im übrigen habe die Bundesregierung eine Arbeitsgruppe zur Thematik "Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern" weder eingerichtet noch sei dies beabsichtigt.
Hingegen habe die ständige Konferenz der Innenminister- und Senatoren der Länder bei ihrer Sitzung am 18./19. November 1999 eine Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene mit dem Auftrag eingesetzt, Vorschläge für die "zeitgerechte Rückführung" ausreisepflichtiger Personen zu erarbeiten.
Außerdem sei am 9. November 1999 erstmalig ein gemeinsamer Ausschuss hoher Beamter auf der Grundlage des deutsch-türkischen Briefwechsels vom 10. März 1995 zusammengetreten, um Verfahrensfragen zu klären.
Dies sei notwendig geworden, so die Regierung, nachdem eine Beantwortung deutscher Anfragen durch die Türkei nur noch "schleppend" und zuletzt gar nicht mehr erfolgt sei.
Den Angaben zufolge haben an diesen Gesprächen auf deutscher Seite Vertreter des Bundesinnenministeriums und des Bundesjustizministeriums sowie zweier Landesinnenministerien teilgenommen.
Auf türkischer Seite seien Vertreter des Außen-, des Justiz- und des Innenministeriums vertreten gewesen.
In ihrer Antwort legt die Regierung weiter dar, Zweck der Vereinbarung aus dem Jahre 1995 zwischen dem deutschen und dem türkischen Innenminister sei es, deutschen Ausländerbehörden die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Entscheidung über eine Abschiebung von Personen, die im Zusammenhang mit der türkischen Arbeiterpartei (PKK) und anderen Terrororganisationen an Straftaten in der Bundesrepublik Deutschland beteiligt waren, auf eine breitere Grundlage zu stellen.
Diesen Zweck habe die Vereinbarung erfüllt. Im übrigen beabsichtige die Bundesregierung, das mit dem deutsch-türkischen Briefwechsel verabredete Verfahren weiterzuführen.
Ihrer Kenntnis nach seien unter Anwendung dieses Verfahrens 34 Personen abgeschoben worden. Der Briefwechsel beziehe sich dabei ausschließlich auf Personen, die im Zusammenhang mit der PKK und anderen Terrororganisationen an Straftaten in Deutschland beteiligt waren.
Konkrete Tatvorwürfe ohne Verurteilungen würden von den Ländern dabei nicht mitgeteilt. Zu der Frage der PDS, welcher Behandlung die Abgeschobenen ausgesetzt waren, erklärt die Regierung, sie habe keine Hinweise darauf, dass diese Personen nach ihrer Rückkehr einer Misshandlung ausgesetzt gewesen seien.
Auch lägen ihr keine Erkenntnisse darüber vor, wie viele der Abgeschobenen nach ihrer Abschiebung erneut aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland geflüchtet sind.
Auf die Frage nach einer Dokumentation des niedersächsischen Flüchtlingsrats, der zufolge Personen nach ihrer Abschiebung durch türkische Behörden gefoltert wurden, erklärt die Regierung, diese Dokumentation sei ihr bekannt.
Sie selbst gehe jedem konkreten Hinweis über Misshandelungen von abgeschobenen Personen nach. Foltervorwürfe ließen sich in der Praxis jedoch oft nur "schwer zweifelsfrei verifizieren".
Generell sei der Bundesregierung allerdings bekannt, dass Folter in Polizeigewahrsam "leider nach wie vor in der Türkei vorkommt".
In ihrer Antwort geht die Bundesregierung auch auf die Erstellung der Lageberichte des Auswärtigen Amtes ein, nach denen die Oppositionsfraktion gefragt hatte.
So würden bei deren Erstellung sämtliche zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen herangezogen, erläutert die Regierung.
Dies gelte insbesondere für Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen und vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen.
Da die Lageberichte nach wie vor Verschlusssache seien, nehme die Bundesregierung nicht öffentlich zu deren Inhalt Stellung.
Abgeordnete des Deutschen Bundestages hätten jedoch die Möglichkeit, im Auswärtigen Amt oder im Sekretariat des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages in einzelne Lageberichte Einsicht zu nehmen.
Der jüngste Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei gehe ausführlich auf die Behandlung Abgeschobener nach ihrer Rückkehr in die Türkei ein, wobei auch eine Reihe von Einzelfällen aufgeführt würden.
Geltend gemachte Abschiebungshindernisse würden von den zuständigen Behörden "in jedem Einzelfall konkret geprüft". Der Lagebericht der Türkei enthalte aber keine Aussage, nach der Abschiebungen in die Türkei grundsätzlich nicht möglich wären.