Innenausschuss
BECKSTEIN ZUM NPD-VERBOT: "NICHT DEN LEISESTEN ZWEIFEL"
Berlin: (hib/WOL-in-) Es gebe für ihn nicht den leisesten Zweifel daran, die Verfassungsfeindlichkeit der NPD und deren aggressiv kämpferische Haltung gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nachzuweisen.
Dies hat der Bayerische Innenminister Günter Beckstein am Mittwochmittag vor den Mitgliedern des Fachausschusses des Bundestages erklärt.
Beckstein legte dar, dass es sowohl von der Bundesregierung als auch vom Bundesrat einen Antrag zum Verbot der NPD geben werde.
Beckstein warb er bei den Abgeordneten dafür, diese Initiative durch eine "Zustimmungsäußerung zu unterstützen". Wer das Verbotsverfahren nicht angehe, verweigere den Sicherheitsbehörden die Chance, die rechte Gewalt zu reduzieren, so Beckstein.
Zur Frage der Union, welche bedeutsamen Ereignissen im letzten Sommer denn Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) bewegt hätten, seine Haltung zum NPD-Verbot zu ändern, erklärte Beckstein, die Zeitfrage müsse differenziert betrachtet werden.
So sei ein erstes Verbot der NPD bereits Ende der sechziger Jahre vorbereitet worden, auf Grund der damaligen Verquickung von Maßnahmen gegen Links- und Rechtsextremismus aber unterblieben.
Auch die weitere Entwicklung sei nicht so erfolgt, "wie es eigentlich sein sollte". So habe es neue Erkenntnisse über die Doppelstrategie der NPD auf der Parteiebene und durch Verknüpfung mit gewaltbereiten Skinheads "auf der Straße" schon 1998 gegeben.
Beckstein erläuterte ferner seine Einschätzung der Unterlagen, die zu etwa 80 Prozent aus sogenanntem "offenen Material" bestünden, deren Zugang laut Bundesregierung nun für jeden Abgeordneten in den nächsten Tagen sichergestellt werde.
Zur Kritik am bisher "beschwerten oder verwehrten" Zugang des kleineren Unterlagenteils unterstützte Beckstein den Standpunkt von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, bereits das "offene Material" reiche aus, um ein Verbot der NPD zu erreichen.
Deshalb sei es wohl auch nicht notwendig, wichtige Quellen aufzudecken oder Leib und Leben von Informanten zu gefährden.
Kritisch äußerte sich Beckstein gegenüber der F.D.P., die bereits zu einem Zeitpunkt erklärt habe, die Beweislage reiche nicht aus, zu dem ihr noch gar kein Einblick möglich gewesen sei.
Für ihn selbst sei nach der "umwerfenden Lektüre" der Beweisunterlagen im Sommer klar geworden, welchen Weg man gehen müsse.
Nicht nur umwerfend, sondern bestürzend sei die Aussagekraft des Material, erklärte die SPD und unterstrich damit ihre Unterstützung des NPD-Verbotsantrags.
Im Gegensatz zu Beckstein, der Verständnis und Zweifel geäußert hatte, dass es den Parlamentariern gelingen werde, fristgerecht eine 1000-seitige Anklageschrift aufs Komma genau zu verabschieden, erklärte die SPD, es müsse grundsätzlich möglich sein, bis Anfang Dezember 668 Abgeordnete des Bundestages zu einer einvernehmlichen Haltung zu bewegen.
SPD wie auch Bündnis 90/Die Grünen machten deutlich, dass - wenn sich das Parlament nicht mehrheitlich für eine Verbotsinitiative ausspreche - dies auch dazu führen könne, in dieser Sache nicht am Verfahren beteiligt zu werden, der Prozessbevollmächtigte von der Regierung gestellt und eventuell durch einen zweiten Prozessbevollmächtigten des Bundesrat begleitet werde.
Damit wären die Abgeordneten "außen vor". Nach Einschätzung von Bündnis 90/Die Grünen enthielten lediglich etwa 20 Prozent der Unterlagen so gewichtige Aussagen, dass sie ein Verbot rechtfertigten.
Im Übrigen regten sie an, künftig statt von den durch NPD und Skinheads geprägten Begriff der "national befreiten Zonen" zu sprechen, diese künftig als "Angstzonen" zu bezeichnen.
Die F.D.P. widersprach der von verschiedenen Seiten geäußerten Kritik und erklärte, damit laufe man Gefahr, sich bei der so wichtigen Diskussion auf ein Nebengleis zu bewegen.
Im Übrigen sei seit 1964 klar, dass die NPD noch nie eine harmlose Partei gewesen und dennoch nicht verboten worden sei.
Die PDS erklärte, sie vertrete ein Verbotsverfahren seit vielen Jahren. Darüber hinaus werde sie demnächst einen Antrag vorlegen, mit dem nach österreichischem Vorbild ein "Wiederbetätigungsverbot" gegen verfassungsfeindliche Personen und Organisationen durchgesetzt werden solle.