Anerkennung von Kindererziehungszeiten überprüfen
Berlin: (hib/MIK) Für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung auch bei politischer Inhaftierung hat sich der Petitionsausschuss eingesetzt. Deshalb beschloss er am Mittwochvormittag einvernehmlich, die entsprechende Eingabe an das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) "zu überweisen".
In der zu Grunde liegenden Petition begehrte eine Frau die Anerkennung ihrer durch politische Inhaftierung in der ehemaligen DDR herbeigeführten Trennung von ihren drei Kindern als Kindererziehungs- beziehungsweise Kinderberücksichtigungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dass sie selbst während ihrer Haftzeit durch konkrete Maßnahmen Einfluss auf die Erziehung ihrer Kinder habe nehmen können, liege allein an ihrer politisch motivierten Inhaftierung und der dadurch zwangsweise herbeigeführten Trennung von ihren Kindern, heißt es in der Petition. Sie selbst habe am meisten darunter gelitten, dass sie sich in dieser Zeit nicht um ihre Kinder habe kümmern können und erwarte hierfür auch im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung eine Wiedergutmachung durch eine entsprechende Gesetzesänderung. Das geltende Recht diskriminiere aus politischen Gründen inhaftierte Eltern, so die Petentin.
In der vom Petitionsausschuss eingeholten Stellungnahme führt das BMA aus, dass Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nur Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren beziehungsweise bei Geburten vor dem 1. Januar 1992 in den 12 Kalendermonaten nach Ablauf des Geburtsmonats seien. Eine Erziehung im Sinne dieser Vorschriften liegen nach "allgemeiner Auffassung" vor, wenn der erziehende Elternteil regelmäßig Einfluss auf die seelische, geistige und sittliche Entwicklung des Kindes nehme.
Der Petitionsausschuss konnte sich dem nicht vollständig anschließen und will deshalb die Problematik überprüfen lassen. Es sei zwar unstrittig, dass Erziehung im Sinne der rentenrechtlichen Vorschriften regelmäßig dann vorliegen, wenn Erziehender und Kind in einem gemeinsamen Haushalt leben würden, so der Ausschuss. Aber auch, wenn Elternteil und Kind nicht in einem
gemeinsamen Haushalt lebten, könne eine Erziehung durch diesen Elternteil vorliegen, und zwar dann, wenn konkrete Maßnahmen zu der Erziehung des Kindes ergriffen würden. Eine Trennung von Erziehendem und Kind spreche zunächst dafür, dass von einer Unterbrechung der Erziehung ausgegangen werden müsse. Um einen solchen Unterbrechungstatbestand, der für die rentenrechtliche Beurteilung der Erziehung nicht relevant sein sollte, handelt es sich nach Auffassung des Ausschusses auch in diesem Fall. Zudem sei "entscheidend" zu berücksichtigen, dass die Haft nicht etwa von der Betroffenen durch eigene strafrechtlich zu ahndenden Handlungen provoziert und verursacht worden sei, sondern allein aus politischen Gründen veranlasst wurde. Nach Auffassung des Petitionsausschusses sollte deshalb sorgfältig geprüft werden, ob für Fälle wie den der Petentin eine entsprechende Ergänzung des Gesetzes in Betracht kommen könne.