Experten uneins über Abschaffung der Habilitation
Berlin: (hib/MAR) Gegensätzliche Meinungen zur Frage der Abschaffung der Habilitation trafen am Montagvormittag bei der öffentlichen Anhörung des Bildungs- und Forschungsausschusses aufeinander. Den Schwerpunkt der Sachverständigenbefragung bildete dabei der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes ( 14/6853). Dieses sieht unter anderem die Errichtung von Juniorprofessuren als neuen Weg zur Professur vor. In Berufungsverfahren sollen künftig unter Verzicht auf die Habilitation ausschließlich die für eine Berufung erforderlichen wissenschaftlichen Leistungen bewertet werden. Dieser Themenblock war Gegenstand der ersten Fragerunde.
Laut Professor Hartmut Schiedermair vom Deutschen Hochschulverband (DHV) in Bonn enthält Paragraph 44 des Gesetzentwurfs, der die Einstellungsvoraussetzungen für Professorinnen und Professoren regelt, ein De-facto-Habilitationsverbot. Die "Monopolstellung" der Juniorprofessuren halte der DHV für katastrophal und "extrem frauenfeindlich". Er fordere deshalb, Juniorprofessuren einzuführen, aber im Wettbewerb mit anderen Modellen. "Lassen Sie doch die Betroffenen entscheiden", riet Schiedermair. Unterstützt wurde diese Auffassung von Professor Manfred Erhardt vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft in Essen. Der entsprechende Paragraph sei "schädlich" und eine "typische Angstreaktion des Gesetzgebers". Auch er sprach sich für Juniorprofessuren aus, aber nicht unter der Bedingung der Abschaffung der Habilitation.
Ganz anders Joachim Weber von der Hochschulrektorenkonferenz in Bonn. Er gab sich überzeugt, dass die Juniorprofessorenausbildung sich den anderen Wegen überlegen zeigen werde. Seiner Ansicht nach eröffnet das Gesetz eine Vielfalt von Qualifikationswegen mit der Betonung auf einen bestimmten Weg. Dies impliziere keine Abschaffung der anderen Wege, so Weber. Für "unbedingt notwendig" hielt Professor Hans Meyer von der Humboldt Universität Berlin die Regelungen des Paragraphen 44. Wenn man eine Reform wolle, könne die Habilitation nicht mehr als der "Königsweg" angesehen werden, erklärte er. Sinn der Reform war nach Meyers Worten die Verjüngung und Verselbstständigung des Nachwuchses. Dies lasse sich mit der Habilitation nicht machen. Auch sei die Behauptung, der Weg der Juniorprofessuren sei frauenfeindlich, in seinen Augen nicht begründet. Die Juniorprofessur werde Frauen nicht viel nützen, aber auch nicht schaden, glaubt Marianne Kriszio von der Bundeskonferenz der Frauen und Gleichstellungsbeauftragten (BuKoF) in Potsdam. Professor Karl Max Einhäupl vom Wissenschaftsrat Köln sah die Chancen durch Juniorprofessuren verbessert. Mehr Wissenschaftler aus dem Ausland nach Deutschland zu bekommen, sei allerdings nicht eine Frage der Einrichtung solcher Professuren, sondern primär der Bezahlung.
Diskussionsgrundlage waren neben dem genannten Gesetzentwurf ferner der Regierungsentwurf zur Reform der Professorenbesoldung ( 14/6852), Anträge zur Hochschuldienstrechtsreform von PDS ( 14/3900), CDU/CSU ( 14/4382) und FDP ( 14/4415) sowie ein Gesetzentwurf der PDS zur Absicherung der verfassten Studierendenschaft ( 14/5760).