Nutzerverbände wenden sich gegen neues Schuldrechtanpassungsgesetz
Berlin: (hib/BOB) Auf Protest von Nutzerorganisationen ist die Absicht der Bundesregierung ( 14/6884) gestoßen, Nutzer von Erholungs- oder Freizeitgrundstücken in den neuen Ländern künftig an den öffentlichen Lasten dieser Immobilie zu beteiligen. Dies wurde in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses deutlich, die am Mittwochnachmittag begonnen hat. So erklärt Eckart Beleites vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer seiner Stellungnahme zufolge, die Novelle dürfe in der vorliegenden Fassung keine Rechtskraft erlangen. Die Realität der ostdeutschen Erholungs- und Garagengrundstücke werde negiert. Die Initiative verschließe sich zudem praktikablen Lösungen eines fairen Interessenausgleichs zwischen den Beteiligten. Unverständlich ist für Beleites unter anderem, dass die vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom Juli 1999 geforderte "angemessene" Beteiligung von Nutzern an öffentlichen Beiträgen und Abgaben "in nicht nachvollziehbarer Weise" mit 50 Prozent, verteilt auf zehn Jahre, vorgeschlagen wird. Ein solcher Vorstoß berücksichtige weder die viel längere normative Nutzungsdauer von unter diese Regelungen fallenden Maßnahmen wie Straßenbau oder Kanalisation noch die maximal mögliche Dauer eines dem Kündigungsschutz unterliegenden Nutzungsverhältnisses von zur Zeit noch 14 Jahren.
Ähnlich argumentiert auch Professor Eberhard Stief vom Verband der Kleingärtner, Siedler und Grundstücksnutzer. Die von der Bundesregierung angestrebten Regelungen führten weder zu einem sozial ausgewogenen Interessenausgleich noch zur Rechtssicherheit und auch nicht zum Rechtsfrieden. Die Benachteiligung der Nutzer gegenüber den Grundstückseigentümern, insbesondere im Kündigungsrecht, werde fortgesetzt. Der Entwurf bietet Stief zufolge auch keine sozial verträgliche Regelung für die vom Verfassungsgericht verlangte angemessene Beteiligung der Nutzer an den öffentlichen Lasten. Dies zeige sich besonders deutlich an der geplanten Vorschrift, Nutzer in Zukunft an den auf dem Grundstück ruhenden öffentlichen Lasten zu beteiligen. Kritisch mit Blick auf die Absicht, Grundstücksnutzer auch an in der Vergangenheit einmalig erhobenen Beiträgen oder sonstigen Abgaben zu beteiligen, äußert sich auch der Potsdamer Rechtsanwalt Thorsten Purps. Davon sei in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht die Rede gewesen. Die Richter hätten sich lediglich auf die anfallenden öffentlichen Lasten bezogen. Insofern habe er auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die beabsichtigten Neuregelung. Zu überprüfen sei, ob ein Verstoß gegen das Rückwirkungsgebot vorliege.
Dem gegenüber erklärt Kai-Uwe Deusing vom Sächsischen Justizministerium, dem Entwurf der Regierung könne eine sachgerechte, die Vorgaben des Verfassungsgerichts beachtende Lösung, die zudem die Sozialverträglichkeit für den Nutzer herzustellen versucht, "nicht abgesprochen werden". Lösungsalternativen, wie sie insbesondere von der PDS ( 14/6918) und den Nutzerschutzverbänden vorgeschlagen werden, würden hingegen die Gefahr bergen, dass sie eine erneute verfassungsgerichtliche Überprüfung geradezu provozierten, die überwiegend die Grundstückseigentümer in ihrer Position stütze. Eine ähnliche Auffassung vertritt Jürgen Schatzmann vom Justizministerium in Brandenburg. Der von der Regierung eingeschlagene Weg, die Entscheidung aus Karlsruhe umzusetzen, sei "sachgerecht". Dies gelte auch für die angemessene Beteiligung der Nutzer an den öffentlichen Lasten. Die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Nutzer würde durch die gestreckte Erstattungspflicht gebührend berücksichtigt. Die Nutzung eines Erholungsgrundstücks solle damit auch für diejenigen finanzierbar bleiben, die über vergleichsweise geringe Einkünfte verfügten.