Opfern der "Colonia Dignidad" in Chile helfen
Berlin: (hib/BOB) Den Opfern der so genannten Colonia Dignidad in Chile zu helfen und die Vergangenheit dieser Einrichtung aufzuarbeiten, ist das Ziel eines gemeinsamen Antrages von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ( 14/7444). Die drei Fraktionen bezeichnen dieses Thema als "ein dunkles Kapitel", das die Beziehungen zwischen Berlin und Santiago de Chile bis heute belaste. Dem 1996 untergetauchten deutschen Leiter der Colonia Dignidad und dessen Komplizen werde vorgeworfen, seit dem Bestehen der Einrichtung rund 350 deutsche Koloniemitglieder entmündigt und ausgebeutet sowie ihnen anvertraute minderjährige Jungen sexuell missbraucht zu haben. Die Abgeordneten erläutern weiter, die Lebensverhältnisse innerhalb der Colonia Dignidad verstießen gegen die fundamentalen Menschenrechte. Sowohl die Vereinten Nationen als auch Amnesty International erhöben seit mehr als 20 Jahren auf Grund glaubhafter Zeugenaussagen schwerwiegende Vorwürfe. Zudem habe die Kolonie weiterer glaubwürdiger Aussagen zufolge während der Pinochet-Diktatur in Chile als Haft- und Verhörzentrum des Geheimdienstes gedient.
Sozialdemokraten, Bündnisgrüne und Liberale sind überzeugt, dass in Deutschland ein nachhaltiges Interesse daran besteht, die Straftaten aufzuklären und den Opfern schnelle und unbürokratische Hilfe zukommen zu lassen. Der Bundestag sei deshalb aufgefordert, das "große Leid" der Koloniebewohner und ihrer in Deutschland lebenden Angehörigen anzuerkennen. Das Parlament müsse es als moralische Verpflichtung ansehen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, damit die fortwährenden schwerwiegenden Menschenrechtsverstöße innerhalb der Colonia Dignidad abgestellt werden. Die Bundesregierung sei deshalb aufgefordert, dem Fall Colonia Dignidad, wie angekündigt, eine höhere Priorität einzuräumen. Der politische Wandel in Chile sollte für eine verstärkte Zusammenarbeit beider Länder auf Regierungsebene genutzt werden, um die Vergehen aufzuklären und den Bewohnern der Kolonie unverzüglich zu helfen.
Ferner sei eine Arbeitsgruppe in Chile einzurichten, der unabhängige Experten auch mit deutscher Beteiligung angehören müssten. Diese solle die Aufgabe haben, innerhalb des nächsten halben Jahres ein Strategiepapier zur Lösung des Problems zu erarbeiten. Im engen Dialog mit der chilenischen Seite müssten zudem Möglichkeiten der personellen und technologischen Unterstützung bei der Aufklärung eruiert werden. Dabei sei auch an eine zeitlich befristete Entsendung von Experten des Bundeskriminalamtes zur Unterstützung der chilenischen Behörden und der Justiz zu denken. Ferner bedürfe es eines Fonds zur Finanzierung der notwendigen Hilfs- und Reintegrationsmaßnahmen. Ausreisewilligen Koloniebewohnern müssten aus diesem Topf bei einer eventuellen Rückkehr nach Deutschland betreut werden können. Bei den Bemühungen um Aufklärung sei auch die Zusammenarbeit mit der Interamerikanischen Menschenrechtskommission zu suchen, betonen die drei Fraktionen