Anhörung zur Waffengesetzgebung warf neue Fragen auf
Berlin: (hib/WOL) Neue Fragen aufgeworfen hat die öffentliche Anhörung von 15 Sachverständigen zur neuen Waffengesetzgebung ( 14/7758) durch den Innenausschuss des Deutschen Bundestages am Mittwochabend. Danach ist der Anteil von legal erworbener oder geführter Waffen, die der Gesetzgeber neu regeln will, im Hinblick auf eine Bedrohung der inneren Sicherheit "denkbar gering", erklärte der Experte des Bundeskriminalamtes (BKA), Leo Schuster. Nach der polizeilichen Kriminalstatistik betrage der Anteil gemeldeter "legaler" Waffen bei Straftaten nach dem StgB rund 3,4 Prozent. Auf eine Frage der Bündnisgrünen sagte Schuster, 1.043 von 1.744 Schusswaffen, die im letzten Jahr zu Straftaten benutzt und sichergestellt wurden, seien Gas- oder Reizstoffwaffen gewesen. Auch Wolfgang Dicke von der Gewerkschaft der Polizei bstätigte einen Gaspistolen-Anteil von 55 Prozent als Tatmittel im Alltag. "Überhaupt nicht das Problem" ist auch deshalb für Dicke, aber auch für Constantin Freiherr Heereman vom Deutschen Jagdschutzverband e.V. oder Joachim Streitberger vom Forum Waffenrecht, der registrierte private Waffenbesitz. Nahezu durchgängig begrüßt hatten die Experten die Initiative, nach 30 Jahren das 1972 infolge der RAF-Bedrohung geänderte Waffenrecht zu strukturieren, übersichtlicher und zeitgemäßer zu gestalten. Trotz mangelnder Transparenz und erhöhten Verwaltungs- und Kostenaufwands sei es aber nur "hinnehmbar", wenn die Änderungen aus den Verhandlungen des Bundesinnenministeriums mit Ländern und Verbänden in den Gesetzentwurf einfließen würden.
Die Gefährlichkeit von Schreckschusswaffen allein durch den hohen Gasdruckausstoß im Nahbereich stellte Professor Markus Rothschild, Rechtsmediziner an der Goethe-Universität in Frankfurt/Main, durch Aufnahmen von vier tödlichen Verletzungen dar. Dabei verursache der extrem hohe Gasdruck im Körper eine einem normalen Einschussloch sehr ähnliche Verletzung, während er im Innern des Körpers zu einem ballonartigen Aufreißen des Gewebes und zum Verbluten führe. In einem gezeigten Fall wurde der entstehende Gasdruck mit glattem Durchschlagen einer Rippe veranschaulicht. Ein Schreckschusswaffenverbot hält Rothschild für wenig geeignet, wenn überhaupt, so müsse man Erwerb und Benutzung mit scharfen Waffen gleichstellen.
Professor Franz Császár vom Institut für Strafrecht und Kriminologie in Wien erläuterte, Österreich habe 30 Jahre lang ein bemerkenswert großzügiges Waffenrecht ohne jede inhaltliche Begründung und ohne Registrierung gehabt, ohne signifikante Auswirkungen auf die Benutzung von Waffen bei Straftaten. Während der Waffenerwerb in Österreich von 1982 bis 1998 zum EU-Beitritt Österreichs um 90 Prozent gestiegen sei, sei die Zahl der Straftaten mit Schusswaffen um 40 Prozent gesunken. Insgesamt liege der Schusswaffenmissbrauch in Österreich bei 4 Prozent, während England mit einem verschärften Waffenrecht ansteigenden Missbrauch registriere. Fragwürdig werde es, wenn das Bild vom Staatsbürger vom Misstrauen des Staates gegenüber dem von ihm überprüften legalen Waffenbesitzer geprägt sei. Auch rechtspolitisch werfe der Entwurf neue Fragen auf, erklärte Friedrich Gepperth vom Bund deutscher Sportschützen und Sprecher auch für Polizei- und Militärschützen. So sei von den Verbänden hingenommen worden, dass der Polizei ein Betretungsrecht der Wohnung eines legalen Waffenbesitzers zur Kontrolle seines Waffenbestandes bei Gefahr im Verzuge möglich sein solle, das Betreten der Wohnung eines stadtbekannten Kriminellen jedoch nur auf richterlichen Beschluss möglich sei.