Erste Anträge auf Forschung mit embryonalen Stammzellen genehmigt
Berlin: (hib/BES) Knapp acht Monate nach der Verabschiedung des so genannten Stammzellgesetzes zog die Bundesregierung eine Zwischenbilanz zum aktuellen Stand der Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen in Deutschland. Darüber berichtete ein Regierungsvertreter in der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwochvormittag. Das entsprechende Gesetz sieht ein grundsätzliches Verbot der Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen vor. Unter strengen Voraussetzungen sind allerdings die Einfuhr und die Verwendung dieser Zellen zu Forschungszwecken nach Bewertung des Forschungsvorhabens durch eine interdisziplinäre Zentrale Ethik-Kommission und Genehmigung durch das Robert Koch-Institut (RKI) als zuständige Genehmigungsbehörde zulässig. Bis zum 6. Januar sind beim RKI vier Anträge auf Erteilung einer entsprechenden Genehmigung gestellt worden, darunter drei aus Universitäten und einer von einem Unternehmen, so der Bericht der Regierung. Alle Anträge zielten auf die Genehmigung von Vorhaben, die der Grundlagenforschung zuzuordnen sind, heißt es. Genehmigt wurden bislang zwei Anträge: Das Institut für Rekonstruktive Neurobiologie des Universitätsklinikums Bonn forscht mit dem Ziel, "neurale und gliale Vorläuferzellen aus humanen embryonalen Stammzellen zu gewinnen und deren Entwicklungs- und Regenerationspotenzial am Tiermodell zu untersuchen"; das Forschungsvorhaben des Instituts für Neurophysiologie der Universität zu Köln bezweckt, "humane embryonale Stammzellen in Herzmuskelzellen zu differenzieren und diese Zellen zu charakterisieren". Wie sich die Antragszahlen in Zukunft entwickeln werden, ist nach Angaben der Regierung derzeit kaum voraussehbar
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die Meinungen über die Stammzellforschung mit Ausnahme der FDP nach wie vor über die Fraktionen hinweg weit auseinander gehen. Einig waren sich SPD, Bündnisgrüne und FDP darin, dass die bestehende gesetzliche Regelung zunächst nicht in Frage gestellt werden sollte. Die Forscher sollten nun "eine gewisse Zeit" forschen können. Auch angesichts der kontroversen Diskussion im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens dürfe der gesellschaftliche Konsens nicht gefährdet werden. Die FDP glaubte allerdings nicht, dass diese Regelung die ganze Legislaturperiode "überdauert".
Die SPD-Fraktion nahm den ersten Bericht der Regierung zum Stammzellforschung in Deutschland "gern und dankbar" zur Kenntnis und kritisierte gleichzeitig die "spekulativen Erwartungen", die der Bericht mit der embryonalen Stammzellforschung verbindet. Die "medizinische Relevanz" liege vielmehr bei der Forschung an adulten Stammzellen, zumal die neueste Entwicklung auf diesem Gebiet die Ergebnisse der embryonalen Stammzellforschung sehr relativiere.
Die CDU/CSU wies auf die unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Potenziale der Stammzellen verschiedener Provenienz hin und richtete an die Bundesregierung Fragen bezüglich der weiteren Finanzierung der Forschungsvorhaben, die bislang Mittel aus der UMTS-Versteigerung zur Verfügung gestellt bekommen haben. Des Weiteren wollte die Union von der Bundesregierung erfahren, wie sich das relevante Gesetz in der Praxis bewährt, zum Beispiel was die Strafbarkeit deutscher Forscher angeht, die an internationalen Forschungsvorhaben teilnehmen, wenn diese mit dem deutschen Gesetz nicht vereinbar sind. "Ähnliche Sorgen" äußerte auch die FDP. Die Liberalen regten darüber hinaus an, die Bundesregierung möge "in regelmäßigen Abständen" den Ausschuss über die embryonale Stammzellforschung informieren und auch einen Bericht über die Forschung an adulten Stammzellen vorlegen.