Experten fordern bessere Harmonisierung der EU-Asylpolitik
Berlin: (hib/RAB) Die Harmonisierung der EU-Flüchtlings- und Asylpolitik ist nicht sehr weit fortgeschritten. Diese Einschätzung vertrat Anja Klug, Rechtsberaterin des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Berlin, am Mittwochnachmittag in einem Fachgespräch zu den menschenrechtlichen Aspekten dieses Politikbereichs im Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe. Momentan blieben viele Entscheidungen den Mitgliedstaaten überlassen, die häufig einen umfassenden Ermessensspielraum hätten. Die bisher erreichten Harmonisierungsschritte seien auch nicht immer von hohen menschenrechtlichen Standards gekennzeichnet, so Klug weiter. In einigen Bereichen wäre es sinnvoll, die Standards der Bundesrepublik in das EU-Recht zu übernehmen. Allerdings blockiere Deutschland teilweise den Harmonisierungsprozess. Es sei wenig Bereitschaft vorhanden, vom vorhandenen Recht und der gewohnten Praxis abzuweichen. Wesentliches Ziel müsse sein, Mindeststandards einer europäischen Flüchtlings- und Asylpolitik zu entwickeln. Dabei komme es darauf an, diejenigen zu schützen, die konkret gefährdet seien, so die Expertin. Ein möglicher Missbrauch des Asylrechts dürfe nicht dazu führen, dass tatsächlich gefährdete Personen abgeschoben werden. Der stellvertretende Vorsitzende des Europäischen Flüchtlingsrates ECRE, Karl Kopp, kritisierte die Bundesrepublik in ihrer Haltung zu der Rolle von nichtstaatlichen Akteuren. Die Regierung sei nicht bereit, Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, wonach auch nichtstaatliche Verfolgung ein Asylgrund sein kann, zu akzeptieren. Weiter trat Kopp dafür ein, keine Abstriche bei den sozialen Rechten von Flüchtlingen und Asylanten zu machen. Es müsse darüber hinaus sichergestellt werden, dass eine Klage eine aufschiebende Wirkung auf ein laufendes Asylverfahren hat.
Jürgen Marcetus, Mitarbeiter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, schloss sich der Kritik von Karl Kopp zum Thema nichtstaatliche Akteure an. In diesem Bereich verstoße die Bundesrepublik unter Umständen gegen geltendes Recht. Während beim Gerichtshof eine Vielzahl von Beschwerden von Betroffenen eingingen, hielten sich die Länder generell an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. In Deutschland beispielsweise sei ein Urteil des Gerichtshofs ein Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens.
Zu der bisher gültigen sicheren Drittstaatenregelung erklärte Kopp, diese werde mit der Erweiterung der Europäischen Union praktisch obsolet. Er sprach sich dafür aus, auf eine neue Regelung zu verzichten und die alte auslaufen zu lassen. Auch Klug sah Schwierigkeiten mit der sicheren Drittstaatenregelung, da sich die Zeiten geändert hätten. Ab dem nächsten Jahr und der Aufnahme der Beitrittskandidaten seien die neuen Nachbarn der Europäischen Union nicht mehr sicher. Das Dubliner Verfahren sei vorzuziehen, da dieses im Gegensatz zur sicheren Drittstaatenregelung ein Asylverfahren vor einer Abschiebung garantiert. Die Vertreterin des UNHCR warnte davor, an den neuen Grenzen der Europäischen Union zu wenig zwischen illegalen Migranten und schutzbedürftigen Personen zu unterscheiden.