Gesundheits-Sachverständigenrat für Reformen im "geltenden System"
Berlin: (hib/RAB) Der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen ist dafür, das Gesundheitssystem grundsätzlich "im geltenden System" zu reformieren. Im Gutachten 2003 des Gremiums, das die Regierung als Unterrichtung ( 15/530) vorgelegt hat, heißt es, das Solidarprinzip als Grundlage des Gesundheitssystems werde von der großen Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert und erfahre eine hohe Wertschätzung. Die Zustimmungsquoten lägen bei 80 Prozent. Die Mehrheit der Versicherten sei eher bereit, höhere Beitragssätze zu akzeptieren, als Einengungen des Leistungsspektrums oder Abstriche an der Versorgungsqualität hinzunehmen. Gleichwohl, so schreiben die Gutachter weiter, gebe es auch denkbare Alternativen. So hätten kapitalgedeckte Finanzierungssysteme den Vorteil, keine implizite Staatsschuld aufzubauen und bei demographischem Wandel keine verteilungspolitischen Generationsprobleme auszulösen.
Im Einzelnen schlägt der Sachverständigenrat vor, die Politik der "Verschiebebahnhöfe" zu überdenken und krankenversicherungsfremde Leistungen auf andere Ausgabenträger zu verlagern. Weitere Reformoptionen seien die Einengung des Leistungskataloges, eine moderate Ausweitung der Selbstbeteiligung sowie eine Änderung von Elementen der Beitragsgestaltung. Sollten alle vom Rat vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt werden, so könne der Beitragssatz zur Krankenversicherung um 3,5 bis 4 Prozent gesenkt werden, schreiben die Experten. Mit einer entsprechenden Senkung der Lohnnebenkosten könne es gelingen, relevante arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Impulse zu setzen. Laut Gutachten leidet die Diskussion um Gesundheitsreformen in der Bundesrepublik vielfach an einer isolierten Betrachtungsweise, die bestimmte Optionen ohne Bezug auf reale Alternativen beurteilt. Dadurch würden bestimmte Reformoptionen fast zwangsläufig verworfen, da zum Beispiel die Einengung des Leistungskatalogs, die Erhöhung der Selbstbeteiligung oder die Beschränkung der beitragsfreien Mitversicherung wenig attraktive gesellschaftspolitische Maßnahmen darstellten. Angesichts des Budgetdefizits müssten die Optionen mit möglichen Alternativen wie steigende Beitragssätze oder verschärfter Rationierung verglichen werden.
Die Gutachter schreiben weiter, die Umsetzung der Vorschläge des Rates ebenso wie der Übergang zu einer Kapitaldeckung benötige ein Transfervolumen aus anderen öffentlichen Haushalten. Mit rund 15 Milliarden Euro aus den Haushalten der Gebietskörperschaften und etwa 5 Milliarden Euro aufgrund der Beschränkung der Verschiebebahnhöfe innerhalb der Sozialversicherung blieben die Vorschläge des Rates immer noch unter dem entsprechenden Transferbedarf der alternativen Gesundheitssysteme von rund 40 Milliarden Euro pro Jahr.