Die gemeinsame europäische Verfassung muss pünktlich verabschiedet werden
Berlin: (hib/HAU) Der Zeitplan zur Verabschiedung der europäischen Verfassung durch den europäischen Konvent muss unbedingt eingehalten werden. Darüber bestand im Europaausschuss am Mittwochvormittag Einigkeit unter den Teilnehmern einer öffentlichen Anhörung zum Stand der Beratungen im europäischen Konvent. Übereinstimmung herrschte auch hinsichtlich der Wahl des Ratspräsidenten und der Forderung nach Entscheidungsmöglichkeiten mit qualifizierter Mehrheit im Europäischen Rat.
Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete die europäische Verfassung als einen Kompromiss, ohne den eine gemeinsame europäische Linie nicht zu Stande gekommen wäre. In den verbleibenden Wochen gebe es noch viel Arbeit im Konvent zu verrichten, doch habe sich gezeigt, dass oftmals erst unter Zeitdruck die Bereitschaft zu Kompromisslösungen steige. Die Meinungsverschiedenheiten unter den europäischen Partnern im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg hätten deutlich gemacht, dass eine gemeinsame europäische Außenpolitik von hoher Wichtigkeit sei. Fischer widersprach der These, ein starkes Europa führe zu Spannungen in den transatlantischen Beziehungen. Ein gemeinsames Auftreten Europas sei auch im Interesse der transatlantischen Partner, so der Außenminister. Der Delegierte des Deutschen Bundestages im europäischen Konvent, Professor Jürgen Meyer (SPD), sah viele der Absichten der Bundesregierung in die Verfassung eingebracht. So besitze die Bundesregierung im Namen der Länder ein Klagerecht bei Verletzung des Subsidiaritätsprinzips. In der Frage der Grundrechte-Charta zeichne sich ein Kompromiss ab. So werde sie zwar nicht, wie von den deutschen Delegierten gefordert, am Anfang der Verfassung stehen, doch auch nicht, wie von anderen Delegierten angeregt, "im Protokoll verschwinden". Statt dessen werde sie als Teil Zwei der Verfassung eingebracht. Meyer wandte sich ausdrücklich gegen eine Verlängerung des Konvents und für eine Beendigung des Rotationsprinzips bei der Wahl des Ratspräsidenten. Bei in Zukunft 25 Mitgliedern sei dies nicht sinnvoll. Sein Stellvertreter Peter Altmaier (CDU/CSU) schloss sich dem an, da bei einer Rotation die nötige Kontinuität nicht gegeben sei. Er bezeichnete das "Konventsprinzip" zur Schaffung einer europäischen Verfassung als richtig und vorteilhaft im Vergleich zu Regierungskonferenzen. Bestrebungen, den vorgegebene Zeitplan bis zur Unterzeichnung des Verfassungsvertrages aufzuweichen, erteilte auch er eine eindeutige Absage. Vor den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament müsse der Vertrag unterzeichnet sein.
Professor Ludger Kühnhardt vom Zentrum für Europäische Integrationsforschung der Universität Bonn ist bewertete insbesondere die große Öffentlichkeit bei der Verfassungsentwicklung positiv. Seiner Ansicht nach habe man sich allerdings zu zeitig auf Kompromisse eingelassen. Vom Deutschen Bundestag wünsche er sich eine "leidenschaftlichere Debatte" zu diesen Fragen. Der Experte betonte die bedeutende Rolle des neuen europäischen Außenministers. Er benötige daher eine doppelte Legitimation sowohl des Europäischen Rates als auch des Europäischen Parlaments. Des Weiteren sprach er sich dafür aus, auch verfassungsändernde Entscheidungen in Zukunft mit einer qualifizierten Mehrheit zu fällen, da sonst ein "Ewigkeitsanspruch der Verfassung" bestünde. Andreas Maurer von der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin forderte eine exponierte Stellung der Grundrechte-Charta in der Verfassung. Er kritisierte außerdem die seiner Ansicht nach zu starke Position des Rates gegenüber dem Parlament. Dennoch könne man sagen, der Konvent habe mit der Verfassung eine transparente, gemeinschaftliche Norm geschaffen.