Meisterprüfung soll künftig für weniger Handwerksberufe erforderlich sein
Berlin: (hib/VOM) SPD und Bündnis 90/Die Grünen wollen für zahlreiche Gewerbe die Meisterprüfung als Voraussetzung für den Berufszugang abschaffen. Dazu haben die Fraktionen den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften ( 15/1206) eingebracht. Vorgesehen ist, dass die in der Anlage A zur Handwerksordnung (Vollhandwerk) aufgeführten Berufe auf jene Gewerbe beschränkt werden sollen, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können. Alle übrigen Gewerbe, die bisher zum Vollhandwerk zählten, sollen in die Anlage B (handwerksähnliche Gewerbe) überführt werden.
Dies würde bedeuten, dass sie von den Gewerbetreibenden dann auch ohne obligatorischen Meistertitel ausgeübt werden können. Gleichzeitig würden nach Meinung der Fraktionen damit Abgrenzungsprobleme innerhalb der in Anlage A verbleibenden Handwerke und gegenüber den in die Anlage B überführten Handwerken sowie zwischen diesen beseitigt. Den Kunden könne ein "breites Angebot von Leistungen aus einer Hand" angeboten werden. Für Existenzgründer würde die Hürde der Meisterprüfung als Voraussetzung für den Berufszugang entfallen, was sich nach Meinung der Abgeordneten positiv auf das Gründungsgeschehen auswirken würde. Eine größere Zahl neuer Kleinbetriebe würde auch zu einer besseren Versorgung der Kunden und Verbraucher beitragen, heißt es in dem Entwurf. Außerdem könnte die im europäischen Durchschnitt niedrige Selbstständigenquote von 9,3 Prozent in Deutschland angehoben werden. Für die in die Anlage B überführten Handwerksgewerbe wollen die Fraktionen die Möglichkeit bieten, dass die Meisterprüfung auf freiwilliger Basis als "Qualitätssiegel" abgelegt wird. Dieser "fakultative Meister" könne sich im Wettbewerb ungehindert mit dem Gütesiegel der Meisterprüfung darstellen. Die Meisterprüfungskosten für die Handwerke der Anlage B würden, wenn von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht wird, entfallen, betonen die Fraktionen. Bezogen auf die künftig in Anlage B registrierten Gewerbe würde die bisher bestehende "Inländerdiskriminierung" gegenüber konkurrierenden Handwerksbetrieben aus dem EU-Ausland ohne Meisterprüfungszwang beseitigt.
Die Fraktionen wollen darüber hinaus das "Inhaberprinzip" aufheben. Dies würde bedeuten, dass natürliche Personen und Personengesellschaften handwerkliche Betriebe gründen und Unternehmen führen können, ohne dass sie selbst die handwerkliche Befähigung haben müssen, wie dies bereits seit langem bei den juristischen Personen der Fall sei. Es würde ausreichen, heißt es, wenn ein Betriebsleiter mit Meisterbrief oder Ausnahmebewilligung eingestellt wird. Nachfolgeprobleme im Handwerk würden dadurch erheblich entschärft. Gesellen in den zulassungspflichtigen Handwerken der Anlage A mit zehnjähriger Berufserfahrung, davon fünf Jahre in herausgehobener, verantwortungsvoller oder leitender Stellung, sollen einen Anspruch auf Eintragung in die Handwerksrolle erhalten. Die Ausbildung im Handwerk würde nach Einschätzung von SPD und Bündnisgrünen attraktiv, weil der Gesellenabschluss mehr Perspektiven biete. Auch würden Ingenieure und Techniker unter erleichterten Bedingungen für die selbstständige Handwerksausübung zugelassen.