Bundesrat gegen "radikale Reduzierung der Meisterberufe"
Berlin: (hib/VOM) Der Meisterbrief hat sich nach Auffassung des Bundesrates bewährt und muss als Qualitätssiegel des deutschen Handwerks erhalten bleiben. Dies betont die Länderkammer in ihrer Stellungnahme zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften ( 15/1481). Der Wortlaut des Gesetzentwurfs ist identisch mit dem bereits von den Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Gesetzentwurf ( 15/1206), den der Bundestag bereits in erster Lesung beraten hat. Die Bundesregierung hält ihrerseits in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates an der geplanten Reform fest.
Der Bundesrat hält es dennoch für geboten, den Meisterbrief als Voraussetzung zur Existenzgründung zu überprüfen. Die radikale Reduzierung der Meisterberufe von 94 auf 29 schieße allerdings deutlich über das Ziel hinaus. Die Meisterprüfung sei ein Garant für die hohe Ausbildungsleistung des Handwerks. Ziel einer vernünftigen Reform der Handwerksordnung müsse es sein, sowohl die hohe Ausbildungsbereitschaft im deutschen Handwerk sicherzustellen als auch Beschäftigung zu sichern und auszubauen und mehr Flexibilität bei Unternehmensgründungen zu ermöglichen. Zudem dürften deutsche Handwerker in der EU nicht diskriminiert werden. "Bürokratie" sei so schnell wie möglich abzubauen. Altgesellen ohne Meisterprüfung sollen nach dem Willen der Regierung eine selbstständige Existenz gründen können, wenn sie zehn Jahre in dem Handwerk und davon fünf Jahre in leitender Position gearbeitet haben und die zur Führung eines Handwerksbetriebes notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten erworben haben. Bei einer solchen Regelung wird nach Ansicht des Bundesrates kaum noch jemand bereit sein, den Meisterbrief zu erwerben, wenn er sich durch bloßes Warten auch ohne Meisterbrief selbstständig machen kann. Die Führung eines Handwerksunternehmens setze Fähigkeiten voraus, heißt es in der Stellungnahme, die bei einem Gesellen, auch in leitender Funktion, nicht automatisch vorhanden seien. Bei Betrieben, die nicht von einem Meister geführt werden, gebe es daher ein höheres Insolvenzrisiko wegen mangelnder betriebswirtschaftlicher Kenntnisse. Die Regierung wird zudem gebeten, die Existenzgründer nicht wie vorgesehen in den ersten vier Jahren von den Beiträgen zur Handwerkskammer zu befreien, weil dies zu erheblichen Einnahmeausfällen führen würde, sodass die Dienstleistungsangebote der Kammern für Existenzgründer eingeschränkt werden müssten. Wenn, wie im Regierungsentwurf vorgesehen, der Meisterbrief nur auf so genannte Gefahrenhandwerke beschränkt wird, verliert das Handwerk aus der Sicht des Bundesrates seine wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch stabilisierende Funktion. Für vernünftig hält die Länderkammer die Anerkennung von Fachabschlüssen aus anderen Bereichen mit entsprechender Qualifikation. Techniker, Ingenieure und Industriemeister sollten daher ohne Sonderprüfung eine Existenz als Handwerker gründen können. Der Bundesrat befürwortet zudem die Aufgabe des "überholten" Inhaberprinzips, das die Rechtsform der GmbH begünstigt habe. Es müsse aber dafür gesorgt werden, dass in den Betrieben, in denen ein Meister zwingend erforderlich ist, Missbrauch mit der rein formalen Anstellung von Meistern vermieden wird.
Die Bundesregierung weist den Vorwurf, der Meisterbrief werde ausgehöhlt, zurück. Sie teilt nach eigener Aussage auch nicht die Meinung, die "Altgesellenregelung" gewährleiste nicht die Unternehmerqualifikation der Existenzgründer. Auch an der Befreiung der Existenzgründer von Kammerbeiträgen hält die Regierung fest. Sie weis darauf hin, dass nach ihrem Entwurf rund zwei Drittel der Ausbildungsplätze beim Vollhandwerk (Anlage A der Handwerksordnung) verbleiben. Es sei sichergestellt, dass die Qualität der Ausbildung auch in den Betrieben, die künftig nicht mehr zum Vollhandwerk zählen sollen, bestehen bleibt. Abgelehnt wird ferner der Vorschlag des Bundesrates, Industriemeistern, bei denen ausreichende Fertigkeiten nachgewiesen sind, auch ohne Sonderprüfung eine Existenzgründung zu genehmigen. Einig sind sich Regierung und Bundesrat in der Aufgabe des Inhaberprinzips.