Eichel: Nettokreditaufnahme soll um 24,5 Milliarden Euro steigen
Berlin: (hib/MIK) Die Nettokreditaufnahme soll in diesem Jahr um 24,5 Milliarden Euro auf 43,4 Milliarden Euro steigen. Dies erklärte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) am Donnerstagnachmittag im Haushaltsausschuss bei der Vorstellung der Eckwerte des Entwurfs des Nachtragshaushaltes 2003. Diese Erhöhung der Neuverschuldung sei notwendig, weil die Ausgaben wegen der Situation auf dem Arbeitsmarkt um 12 Milliarden Euro auf 260,2 Milliarden Euro angehoben werden mussen und die Steuereinnahmen um 12,5 Prozent geringer ausfallen als bisher vorgesehen. Die Steuereinnahmen sollen danach in diesem Jahr nur noch 190,8 Milliarden Euro betragen. Für Investitionen sind weiterhin 26,7 Milliarden Euro vorgesehen.
Eichel räumte ein, dass er keinen Haushalt mehr aufstellen würde, in dem kein Zuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit vorgesehen sei. Bei den Einnahmen sei er aber beim Aufstellen des Etats auf die Steuerschätzungen angewiesen, die bei allen Instituten zu hoch gewesen seien. Er bestätigte, dass Deutschland in diesem Jahr nicht das EU-Defizitkriterium von drei Prozent halten könne. Er schätzte, dass das gesamtstaatliche Defizitkriterium in diesem Jahr vier Prozent überschreiten werde. Im kommenden Jahr sei das Kriterium nur zu halten, wenn alle von der Regierung vorgesehenen Maßnahmen umgesetzt würden und die Wachstumsannahmen stimmen würden. Da aber jetzt schon vorauszusehen sei, dass das Wachstum geringer ausfallen werde, werde diese Marke wahrscheinlich erneut überschritten. Er gehe im kommenden Jahr von Mindereinnahmen von 8 Milliarden Euro aus, sagte er weiter. Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion erklärte, dass die Union schon immer gesagt habe, die vorgelegten Zahlen würden "vorne und hinten" nicht stimmen. Die Neuverschuldung von 43,5 Milliarden Euro sei absoluter Nachkriegsrekord. Dies sei der letzte Termin für einen Nachtragsetat. Bei einem Privatmann würde man sagen, selbst der Dispositionskredit sei aufgebraucht. Die Regierung habe wegen der desolaten Finanzpolitik kein Vertrauen in der Bevölkerung, deshalb werde weder investiert noch konsumiert. Der Unionssprecher sagte voraus, dass die Risiken im kommenden Jahr bei 23,8 Milliarden Euro liegen würden. Sowohl der Haushalt 2003 als auch der Haushalt 2004 würden gegen den Maastrichter Vertrag und gegen die Verfassung verstoßen.
Dem stimmte die FDP-Fraktion zu. Ihr Sprecher schätzte die Risiken im Etat 2004 auf 20 Milliarden Euro, die Neuverschuldung werde deshalb 2004 bei 50 Milliarden Euro liegen. Deshalb sei der vorgelegte und zur Zeit beratene Etatentwurf auch nicht beschlussfähig. Mit einer Steigerung der Neuverschuldung von rund 130 Prozent breche Eichel alle "bisherigen Rekorde". Die Lage sei deshalb so schlecht, weil die Regierung vier Jahre vertan habe und die notwendigen Reformen nicht angegangen sei. "Die Menschen sind über ihre Politik verdrossen", sagte der FDP-Sprecher. Dem gegenüber betonten die Vertreter der Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dass die Eckpunkte für die derzeitige wirtschaftliche Lage in den 16 Jahren unter Bundeskanzler Helmut Kohl gelegt worden seien. Deshalb müsse jetzt gegengesteuert werden. Der SPD-Sprecher hielt die Prognosen der Opposition über die Risiken im Etat 2004 für falsch. Beim Entwurf für den Etat 2003 habe sich die Koalition auf die Datenschätzungen der Experten verlassen müssen - wie immer. Es sei ein richtiger Weg, den Nachtragsetat erst jetzt vorzulegen. "Wir haben jetzt die Chance, den Bundeshaushalt in Ordnung zu bringen", sagte er. Noch in diesem Jahrzehnt werde ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt. Für Bündnis 90/Die Grünen war es wichtig, dass jetzt ein realistisches Wachstum erreicht werde, das anschließend gerecht verteilt werden müsse.