Solana: Die Europäische Union muss ein strategischer Akteur werden
Berlin: (hib/RAB) Die Europäische Union muss nach Ansicht des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der Europäischen Union (EU), Javier Solana, weltpolitisch in Zukunft eine strategische Rolle spielen. Europa müsse sich den Herausforderungen stellen, erklärte der Gast aus Spanien am Mittwochnachmittag im Europaausschuss. Eine zentrale Aufgabe sei es, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zu verhindern. Sonst könne das Thema Profileration zum "Albtraum des 21. Jahrhunderts" werden. In einem System des "effizienten Multilateralismus" mit den Vereinten Nationen als Zentrum müsse die EU geeint handeln. Das Gleiche gelte für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Nach den Vorstellungen Solanas sollte sich die EU dabei auf die nichtmilitärischen Mittel konzentrieren. So sei die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste von elementarer Bedeutung. Als eine weitere wichtige Herausforderung für die EU bezeichnete Solana die Beziehungen zu den neuen Nachbarstaaten nach der Aufnahme der zehn Beitrittsstaaten im Mai nächsten Jahres. Sicherheit und Wohlstand der Ukraine, Moldawien oder der Staaten Nordafrikas liege im Interesse Europas.
Zu den konkreten Aufgaben gehöre es momentan, eine europäische Sicherheitsstrategie zu schaffen, sagte Solana. Der von ihm zum Europäischen Rat von Thessaloniki vorgelegte Entwurf werde derzeit überarbeitet, so dass die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten das Konzept im Dezember verabschieden könnten. Nach Überzeugung des Hohen Vertreters braucht die EU eine funktionierende gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Es komme darauf an, dass sich die Außenminister der Mitgliedstaaten im Ernstfall innerhalb weniger Stunden auf eine gemeinsame Linie verständigen können. Gleichzeitig müsse man sich auf die militärischen Fähigkeiten konzentrieren. Die Bodentruppen dürften sich nicht länger an der Landesverteidigung orientieren. Wichtig sei es, die Transportkapazitäten auszubauen, so dass die geplante schnelle Eingreiftruppe der EU konsequent agieren könne. Den Aufbau einer europäischen Armee hält Solana zum gegenwärtigen Zeitpunkt für undenkbar. Das Problem werde sein, sich auf eine gemeinsame Kommandostruktur zu einigen. Zum Verhältnis der EU zur NATO erklärte der Hohe Vertreter, das Nordatlantikbündnis werde einige Aufgaben nicht angehen können oder angehen wollen. Das Eingreifen der EU beispielsweise im Kongo habe gezeigt, wie wichtig eigene Kapazitäten seien, wenn die NATO nicht agieren will.
Mit Blick auf die derzeit laufende Regierungskonferenz zum EU-Verfassungsvertrag begrüßte Solana die geplante strukturelle Zusammenarbeit einiger Länder in der Sicherheitspolitik. Es komme aber darauf an, andere Länder nicht auszugrenzen. Solana unterstützt den Beschluss des Konvents, den Posten eines europäischen Außenministers zu schaffen. Er warnte aber davor, Wunder von einem solchen Außenminister zu erwarten. Die Kohärenz der EU-Aktivitäten stoße an Grenzen, wenn die beiden ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, Frankreich und Großbritannien, unterschiedlicher Ansicht seien. In diesem Fall könne auch ein europäischer Außenminister nicht viel bewirken.