Ausschuss für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen
Berlin: (hib/POT) Das vom Betreiberkonsortium Toll Collect am
gestrigen Dienstag vorgelegte Angebotspaket zur Einführung der
Lkw-Maut erfüllt nach Ansicht von Bundesverkehrsminister
Manfred Stolpe (SPD) einige wichtige Forderungen der
Bundesregierung sowie des Verkehrs- und des Haushaltsausschusses.
Dies erklärte der Minister bei seinem Sachstandsbericht am
Mittwochmittag vor dem Fachausschuss. So sei Toll Collect den
Forderungen nach einem verbindlichen Starttermin, nach einer
Erhöhung der Vertragsstrafen und Verhandlungen über
Schadensersatz für die entgangenen Mauteinnahmen nachgekommen.
Eine abschließende Stellungnahme, ob er das vorliegende
Angebot akzeptieren werde, wollte der Minister jedoch nicht geben.
Dazu bedürfe es noch einer weiter gehenden kritischen
Prüfung. Im Einzelnen sehe das Angebot eine Einführung
der Lkw-Maut in zwei Stufen vor. Zum 31. Dezember 2004 solle der
Betrieb zunächst mit eingeschränkter Funktion erfolgen.
Eine Erfassung, Erhebung und Abrechnung der Maut solle aber bereits
in der abgespeckten Version möglich sein. Eine automatische
Anpassung und Aktualisierung von neu fertig gestellten
Autobahnabschnitten sei in dieser Ausbaustufe der elektronischen
Bordgeräte noch nicht möglich. Das voll
funktionstüchtige System mit allen zusätzlichen
telematischen Funktionen zur umfassenden Verkehrssteuerung solle
dann zum 31. Dezember 2005 in Betrieb gehen. Für beide
Ausbaustufen bestehe zudem die Option, den jeweiligen Start um drei
Monate vorzuziehen. Bei den Vertragsstrafen habe das Konsortium
angeboten, diese ab 31. Dezember 2004 von bisher 7,5 Millionen Euro
(ab 1. März 15 Millionen Euro) auf 40 Millionen Euro pro Monat
zu erhöhen. Beim Start der zweiten Ausbaustufe am 31. Dezember
2005 solle sich die Vertragsstrafe laut Angebot auf 70 Millionen
Euro erhöhen. Zudem habe sich Toll Collect bereit
erklärt, die strittigen Schadensersatzfragen in einem
Schiedsgerichtsverfahren zu klären. Die CDU/CSU kritisierte,
der Minister habe eine wichtige Forderung, nämlich bei der
Frage des Schadensersatzes zu einem Interessenausgleich zu kommen,
zum Teil fallen lassen. Nunmehr gebe er sich damit zufrieden, dass
die Schadensersatzfrage in einem Schiedsgerichtsverfahren
geklärt werden soll. Da das Schiedsgericht nur auf der Basis
des geltenden Vertrages agieren könne, befinde sich der Bund
in einer ungünstigen Ausgangsposition. Mit einer nennenswerten
Minderung der Mautausfälle sei vor diesem Hintergrund nicht zu
rechnen. Nach Ansicht der FDP zeigt das von Toll Collect
unterbreitete Angebot, "auf welcher Seite die stärkeren
Bataillone stehen". Das Hauptproblem bleibe, dass der Vertrag
"grottenschlecht" ausgehandelt worden sei, so dass nun kaum eine
Alternative zur Annahme des Angebots bestehe. Darüber hinaus
mahnten Union und Liberale an, die Kosten für die
Umrüstung der elektronischen Bordgeräte dürften
nicht zu Lasten des Güterkraftgewerbes gehen. Zudem müsse
Stolpe endlich konkrete gesetzgeberische Maßnahmen einleiten,
um die Finanzierungslücke von 2,1 Milliarden Euro im
Verkehrsetat dieses Jahres zu schließen. Der Sprecher der
SPD-Fraktion nannte das Terminangebot des Konsortiums
"ärgerlich und enttäuschend". Grundsätzlich sei man
zu einer stufenweisen Einführung der Lkw-Maut bereit. Dies
stelle jedoch ein vom Vertrag abweichendes Entgegenkommen dar, das
Toll Collect jedoch nicht mit einem angemessenen Angebot
beantwortet habe. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass in
Medienberichten von einer Haftungsobergrenze von 500 Millionen Euro
die Rede sei, solle der Minister das Angebot "kritisch und penibel"
prüfen, damit man in einem Jahr nicht vor der selben Situation
wie jetzt stehe. Auch für Bündnis 90/Die Grünen sind
besonders die angebotenen Fristen für die Einführung der
Lkw-Maut "vollends enttäuschend". Sie stellten zugleich ein
Eingeständnis dar, dass das Konsortium einen Vertrag mit
"unrealistischen" Terminen zur Einführung der Maut
unterzeichnet habe. Dieses könne auch als Argumentationshilfe
für die Schadensersatzforderungen des Bundes noch relevant
werden.