Stolpe: Von Toll Collect geforderte Vertragsanpassung nicht akzeptabel
Berlin: (hib/POT) Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) will bei einem Spitzengespräch mit Vertretern des Mautkonsortiums Toll Collect in den kommenden Tagen ausloten, ob mit dem Konsortium weiter gearbeitet werden kann oder ob der Mautvertrag endgültig gekündigt werden soll. Bei der Entscheidung handele es sich um eine Frage von Tagen und nicht von Wochen, erklärte der Minister bei seinem Sachstandsbericht zur Einführung der Lkw-Maut am Mittwochmittag im Verkehrsausschuss. Während er die im Angebot des Betreiberkonsortiums vom 27. Januar enthaltene Projektplanung für die zweistufige Mauteinführung zum 31. Dezember 2004 und zum 31. Dezember 2005 als "nachvollziehbar und in ihrer zeitlichen Abfolge plausibel" bezeichnete, seien die in der Offerte zugleich erhobenen Forderungen nach weitgehenden Vertragsänderungen zugunsten von Toll Collect "nicht akzeptabel". In diesem Zusammenhang erwähnte Stolpe besonders die von den Betreibern geforderte Erhöhung der Vergütung, die Einführung einer Haftungsobergrenze, die automatische Beendigung des Vertrages nach sechsmonatiger Verspätung, den Wegfall aller bisherigen Kündigungsgründe für den Bund und die Absenkung des Leistungsstandards bei der Erfassungsquote der kontrollierten Lkw. Ein Eingehen auf diese Anpassungswünsche käme nicht in Frage, da dies schwerwiegende vergaberechtliche Probleme nach sich ziehen könnte. Ein Akzeptieren des vorgeschlagenen Zweistufen-Modells sei nur möglich, wenn bei Nichterfüllung hohe, verbindliche, nicht begrenzte Vertragsstrafen festgelegt und Unterauftragnehmer mit einem anderen, bereits in der Praxis funktionierenden Übergangssystem eingebunden werden. Darüber hinaus kündigte Stolpe an, dass die Regierung am 3. März im Haushaltsausschuss einen Antrag auf Entsperrung der im Verkehrsetat dieses Jahres wegen der Mautausfälle bisher gesperrten Mittel einbringen werde.
Die Oppositionsfraktionen kritisierten, der Bericht des Ministers sei "viel zu unverbindlich" geblieben. Man habe schon zu viele kraftvolle Ultimaten gehört, ohne dass sich in der Sache etwas bewegt habe. Zudem bemängelten sie, dass der Minister nicht gesagt habe, woher nach der Aufhebung der Haushaltssperre das Geld für die Verkehrsinfrastruktur kommen soll. Die CDU/CSU bezeichnete darüber hinaus die vollständige Haftung für mögliche Einnahmeausfälle bei einem nicht fristgerechten Funktionieren des Systems durch das Betreiberkonsortium als unabdingbare Voraussetzung für die weitere Zusammenarbeit. Sie gab auch zu bedenken, dass eine Einbindung weiterer Partner mit unterschiedlicher Technologie zu einer "Verschlimmbesserung" führen könne.
Nach Ansicht der SPD muss Toll Collect die im Angebot enthaltenen Forderungen zur Vertragsanpassung zurücknehmen. Ein verspäteter Starttermin bei verschlechterter Leistung und verringerten Haftungsverpflichtungen für das Mautkonsortium sei für den Bund eine unannehmbare Kombination. Rücke Toll Collect von diesen Forderungen nicht ab, sei das "Ende der Fahnenstange" erreicht. Für Bündnis 90/Die Grünen ist das vorgelegte Angebot des Mautkonsortiums ein "Dokument des Selbstmisstrauens". Die Dreistigkeit der Forderungen nach dem Motto "wir leisten weniger, zu einem späteren Zeitpunkt und wollen mehr Geld" lege den Verdacht nahe, Toll Collect wolle eine Kündigung durch den Bund provozieren. Die Fraktion forderte den Minister auf, in den nächsten Tagen die Frage der Kündigung zu entschieden, da "dem Land eine weitere Hängepartie nicht mehr zuzumuten" sei.