2. Untersuchungsausschuss
Berlin: (hib/CHE) Bereits im Sommer 2001 hat die deutsche Botschaft
in der ukrainischen Hauptstadt Kiew einer Reiseagentur vor Ort
untersagt, weiter am Reisebüroverfahren teilzunehmen. Das
sagte der Polizeioberkommissar im Bundesgrenzschutz (BGS), Oliver
Runte, am Donnerstagvormittag vor dem Visa-Untersuchungsausschuss.
Bereits zuvor sei das Reisebüro mehrmals gemahnt worden. Die
BGS-Beamten ermittelten ab Februar 2001 gegen einen ukrainischen
Staatsangehörigen wegen des Verdachts der Visa-Erschleichung,
so der Zeuge. Im Zuge dieser Ermittlungen hätten sie eng mit
der Botschaft in Kiew zusammengearbeitet, die "schnell und
problemlos" auf die Anfragen der BGS-Beamten reagiert habe, so
Runte. Grund für die Maßnahme gegen das Reisebüro
seien "Unregelmäßigkeiten" gewesen, die den
Botschaftsangehörigen aufgefallen seien. Dazu habe unter
anderem eine "Vielzahl von Visa-Anträgen" gehört. An
genaue Zahlen konnte sich Runte jedoch nicht erinnern, sprach aber
von "einem größeren Umfang". Auch habe es von Seiten der
Botschaft noch andere "konkrete Reaktionen" auf diese
Missstände gegeben. Der BGS-Beamte wollte dies vor der
Öffentlichkeit nicht weiter ausführen. Im Februar 2001
sei der Hauptverdächtige den BGS-Beamten wegen des "Verdachts
der Erschleichung eines Sichtvermerkes" am Münchner Flughafen
aufgefallen. Im Fortgang der Ermittlungen seien die Beamten auf ein
Reisebüro im Raum Neu-Ulm aufmerksam geworden. Dieses
Reisebüro habe, so führte Runte weiter aus, in
größerem Umfang "touristische Reisen vorgetäuscht",
mit deren Hilfe Visa erschlichen wurden. "Wir konnten anhand von
Unterlagen den Reisezweck widerlegen und nachweisen, dass auch die
Reiseversicherungen gefälscht waren", sagte der Zeuge. Es habe
sich im Wesentlichen um Sieben-Tage-Reisen gehandelt, die das
Reisebüro "erarbeitet" habe und die von den Antragstellern als
Reisegrund und somit als Grund für ein Touristenvisum
angegeben worden seien. Die Ermittler hätten herausgefunden,
dass Hotelbuchungen gefälscht waren, da es sich zum Teil um
Hotels handelte, die gar nicht die Kapazitäten für die
angeblichen Touristengruppen besaßen. In anderen Fällen
habe sich herausgestellt, dass der Hauptverdächtige mit den
Hotelbesitzern zusammenarbeitete. Diese Besitzer hätten dann
auf Nachfragen der Ermittler angegeben, dass die Buchungen
zuträfen und die Touristen tatsächlich bei ihnen
übernachteten. Das habe sich jedoch als falsch herausgestellt.
Insgesamt habe der BGS Visa-Anträge von 2.800 Personen
überprüft, denen eindeutig nachgewiesen werden konnte,
falsche Angaben zum Zweck ihrer Reise gemacht zu haben. Diese Daten
habe die Botschaft in Kiew an den BGS übermittelt. Etwa 1.900
Personen seien schließlich in das
Aufenthaltsermittlungssystem übernommen worden, sagte Runte.
"Im Zuge unserer Ermittlungen ist es uns jedoch nicht gelungen,
nachzuweisen, dass diese Menschen direkt zur Arbeitsaufnahme in
andere Länder oder nach Deutschland weitergeschleust wurden.
Diese direkte Brücke konnten wir nicht erkennen", so der
Zeuge.