Geplante Hartz-IV-Änderungen stoßen auf unterschiedliches Echo
Berlin: (hib/MPI) Die von den Koalitionsfraktionen geplanten Hartz-IV-Änderungen stoßen auf ein unterschiedliches Echo. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales bemängelte die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege am Montagnachmittag, dass die Ausweitung der so genannten Bedarfsgemeinschaft auf unter 25-jährige Kinder "nicht im Einklang mit geltendem Unterhaltsrecht" stehe. Für die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) geht die vorgesehene Änderung dagegen "in die richtige Richtung", um Anreize auszuschließen, als junger Erwachsener durch Auszug aus der elterlichen Wohnung erhöhte Leistungen vom Staat zu erhalten. Die ursprünglich in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung ( 16/99) geplante Angleichung des Arbeitslosengeldes II (ALG II) in Ostdeutschland an Westniveau war in der Anhörung weitgehend unstrittig. Die Angleichung soll voraussichtlich am 1. Juli in Kraft treten.
Nach einem Änderungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD zu dem Gesetzentwurf sollen ALG-II-Bezieher zwischen 18 und 25 Jahren künftig in die Bedarfsgemeinschaft der Eltern einbezogen werden und nur noch 80 Prozent des Regelsatzes bekommen. Begründet wird dies damit, dass sie Haushaltskosten wie etwa Versicherungen oder Strom nicht tragen müssten. Die Kürzung des ALG II von 345 (Ost: 331) Euro auf 276 (Ost: 265) Euro soll auch für solche unter 25-Jährigen gelten, die ohne Genehmigung des Leistungsträgers aus dem Haushalt der Eltern ausziehen. Die Änderungen sollen zum 1. April 2006 in Kraft treten.
Für Bedenken insbesondere beim Verband Deutscher Rentenversicherungsträger sorgt eine im Koalitionsantrag ebenfalls vorgesehene Änderung, wonach der Beitrag für die gesetzliche Rentenversicherung von ALG-II-Beziehern von 78 Euro auf 40 Euro im Monat gesenkt werden soll. Der Verband befürchtete in seiner Stellungnahme Einnahmeausfälle in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro jährlich. Werde ALG II heute ein Jahr lang bezogen, ergebe sich aus heutiger Sicht eine Rentenanwartschaft von 4,28 Euro. Diese reduziere sich nach der vorgesehenen Änderung auf 2,19 Euro im Monat. Zudem seien die Ansprüche von ALG-II-Beziehern auf Rehabilitationsmaßnahmen und Erwerbsminderungsrenten durch die Beitragssenkung in keiner Weise gedeckt. Die Einbeziehung von arbeitsfähigen Sozialhilfeempfängern in die Rentenversicherungspflicht war ein Kernpunkt der Hartz-IV-Arbeitsmarktreform.
Die in einem Antrag der Fraktion Die Linke ( 16/120) geforderte rückwirkende Angleichung des ALG II in Ostdeutschland an Westniveau zum 1. Januar 2005 ist nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit (BA) kaum praktikabel. Davon betroffen wären rund drei Millionen Hartz-IV-Fälle betroffen. Dies würde die Jahresarbeitskraft von 1.000 bis 1.500 BA-Beschäftigten binden, teilte die BA in der Anhörung mit.