Experten lehnen Änderung der EU-Öko-Verordnung einhellig ab
Berlin: (hib/HAU) In großer Übereinstimmung lehnen Experten den von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlag zur Änderung der Verordnung über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel ab. Das wurde anlässlich einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am Mittwochmorgen deutlich. Die Verfahrensweise und der, nach Expertenansicht, viel zu knappe Zeitplan der Totalrevision wurden dabei ebenso heftig kritisiert, wie der sich aus der Verordnung ergebende Zuwachs an Bürokratie.
Mit der bestehenden EU-Öko-Verordnung habe man in den letzten 15 Jahren für alle Akteure ein hohes Maß an übereinstimmender Interpretation und Rechtssicherheit entwickelt, so der Vertreter des Deutschen Bauernverbandes. Diesem wertvollen Gut der Rechtssicherheit stehe eine Totalrevision der Verordnung gegenüber, die neben vielen inhaltlichen und handwerklichen Fehlern über Jahre hinaus zu großer Planungs- und Rechtsunsicherheit führe. Die europäischen Erzeuger würden im Wettbewerb geschwächt und das Vertrauen der Verbraucher in Bioprodukte möglicherweise schwer geschädigt. Neben dem knappen Zeitplan kritisierte er insbesondere die fehlende Einbindung der Wirtschaftsbeteiligten in den Entscheidungsprozess. Alexander Gerber vom Bund Ökologischer Lebensmittelwirtschaft bezeichnete den Entwurf als "völlig ungeeignet". Die Totalrevision der Verordnung wäre nur gerechtfertigt, wenn sie substanzielle Verbesserungen mit sich bringe. Angesichts des vorliegenden Entwurfes sei jedoch mit einer deutlichen Verschlechterung zu rechnen. Heftige Kritik äußerte auch der Bioland Vertreter Thomas Dosch. Der Entwurf sei nicht geeignet, die Ziele zu erreichen, die er vorgibt. Es reiche nicht aus, hehre Ziele und Prinzipien zu propagieren, ohne konkrete Durchführungsbestimmungen zu erlassen, mit denen diese erreicht werden können. Er habe den Eindruck, so Dosch, dass die Eigeninitiative, die zur Entwicklung des Bio-Sektors geführt habe, von Seiten der EU-Kommission nicht gewünscht sei.
Der Entwurf schaffe Unsicherheit auf dem Markt, so Jochen Neuendorff von der Konferenz der Kontrollstellen für den ökologischen Landbau. Niemand kenne die konkreten Rahmenbedingungen für die Umsetzung. Für Betriebe, die an der Umstellung zum ökologischen Landbau interessiert seien, gebe es keine Aussagen, unter welchen Bedingungen sie ab 2009 produzieren könnten. Dies stelle ein klares Investitionshemmnis dar. Neuendorff kritisierte des Weiteren die ausufernde Bürokratie. Zwar gebe der Entwurf vor, entbürokratisieren zu wollen, tatsächlich nehme die Bürokratie jedoch erheblich zu. Auch die Länder, so Wolfgang Neuerburg vom Landwirtschaftsministerium im Nordrhein Westfalen, lehnten den Entwurf ab. Zwar sei die aktuelle Verordnung durchaus verbesserungswürdig, doch erreiche man mit der Vorlage der Totalrevision das genaue Gegenteil. So solle beispielsweise auf den bisherigen umfassenden Schutz vor irreführender Kennzeichnung verzichtet werden. Damit werde der Verbraucherschutz nicht "verbessert", sondern "verwässert" kritisierte er und forderte die Beibehaltung des Biosiegels und anderer Zeichen der Öko-Verbände, die bei Inkrafttreten der Regelung abgewertet würden.