Ausschuss für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Anhörung)/
Berlin: (hib/VOM) Die Frage, ob das massenhafte Keulen infizierter
Tiere auch in Zukunft die einzige wirksame Vorgehensweise gegen die
Vogelgrippe ist, bleibt unter Experten umstritten. In einer
öffentlichen Anhörung des Ausschusses für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sagte der
niederländische Virologe Professor Albert Osterhaus am
Donnerstagnachmittag, künftig werde es möglich sein,
einen hochwertigen Impfstoff zu benutzen. Osterhaus schloss nicht
aus, dass es zu einer Pandemie kommen kann. Martinus Weijtens vom
niederländischen Ministerium für Landwirtschaft, Natur
und Lebensmittelqualität fügte hinzu, auf lange Sicht sei
die Impfung voraussichtlich kostengünstiger als die Keulung
der Tiere und die damit verbundene Entschädigung der Bauern.
In den Niederlanden hätten mittlerweile 1.000
Hobby-Geflügelhalter ihre Tiere gegen die Vogelgrippe impfen
lassen, bei den kommerziellen Geflügelhaltern seien es bisher
nur vier gewesen. Die geringe Beteiligung führte Weijtens bei
den gewerblichen Haltern auf deren Befürchtung zurück,
sie könnten die Produkte geimpfter Tiere schlecht verkaufen.
Die Bauern, die Legehennen aus Freilandbetrieben impfen
ließen, hätten allerdings keine Probleme gehabt, die
Eier dieser Hennen abzusetzen. Weijtens hielt die Stallpflicht
nicht für eine dauerhafte Lösung, gerade für die
Hobby-Tierhalter stelle sie ein Problem dar. Nach den Worten des
holländischen Experten gibt es im Nachbarland eine
lückenlose Registrierung, jedes geimpfte Tier bekomme einen
Fußring. Eier und Fleisch geimpfter Tiere könnten in der
EU frei vermarktet werden. Auch nach Auffassung von Michael Starp
vom Deutschen Bauernverband ist die bisher verfolgte Keulstrategie
nicht zukunftsfähig. Eine Impfstrategie müsse allerdings
von den Verbrauchern und vom Handel akzeptiert werden, und es
müssten geeignete Impfstoffe zur Verfügung stehen. Detlef
Breuer von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter
Deutschlands forderte eine breit angelegte Studie über die
Übertragungswege der Vogelgrippe. Auch müsse die
EU-Kommission ihre Impfpolitik ändern, damit das Fleisch
notgeimpfter Tiere frei handelbar wird. Gegen eine Impfung des
Geflügels sprach sich Matthias Voss vom Zentralverband der
Deutschen Geflügelwirtschaft aus. Derzeit gebe es keine
Impfstoffe, die wirksam genug seien. Daher wäre eine
Verschleppung der Viren in andere Bestände nicht
auszuschließen. Professor Erhard Kaleta von der
Justus-Liebig-Universität Gießen betonte, ein Impfstoff
müsse die Verschiedenheit der Viren berücksichtigen. Es
gebe keine ernsthafte Chance, das Virus aus den
Wildvogel-Populationen herauszudrängen. Immunität sei
Wunschdenken, so Kaleta, keine realistische Möglichkeit. Der
Tierarzt Manfred Pöppel nannte die Zahl von 25 bis 35
Millionen Euro, welche die Geflügelhalter durch die
Keulungsaktionen verloren hätten. Auch er sieht zurzeit "keine
vernünftige Impfstrategie". Eine Notimpfung empfahl er nur
dann, wenn die jetzige Bekämpfung der Vogelgrippe durch Keulen
"uns überrollen würde". Pöppel plädierte
dennoch dafür, an Strategien weiterzuarbeiten. Bei einem hohen
"Infektionsdruck" werde es nämlich nicht ausreichen, einzelne
Tiere zu töten.