Innenausschuss (Anhörung)/
Berlin: (hib/HAU) Experten plädieren für eine
Novellierung des Datenschutzgesetzes. Das wurde am Montagnachmittag
anlässlich einer öffentlichen Anhörung zum Thema
"Modernisierung des Datenschutzes" im Innenausschuss deutlich. Die
Weiterentwicklung des Datenschutzes, so die überwiegende
Meinung der Sachverständigen, müsse im Interesse der
grundgesetzlich geschützten informationellen Selbstbestimmung
der Bevölkerung zügig auf den Weg gebracht werden. Als
Hauptdefizite derzeit wurden neben den eingeschränkten
Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen den
Datenschutz unter anderem auch das wenig ausgeprägte
gesamtgesellschaftliche Bewusstsein für die Problemstellung
genannt. Professor Ralf Bernd Abel von der Fachhochschule
Schmalkalden kritisierte das fehlende Unrechtsbewusstsein bei
vielen Unternehmen. Es sei gang und gäbe, sich einen
"Wettbewerbsvorteil durch Rechtsbruch" zu verschaffen. Dies werde
erleichtert, da die Sanktionsmöglichkeiten nicht ausreichten.
Die Höhe der Bußgelder, so Abel, stehe in keinem
Verhältnis zu den möglichen Einsparungen. Auch Peter
Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die
Informationsfreiheit, sieht derzeit Lücken bei den
Bußgeldvorschriften. So werde die ungesetzliche Beschaffung
von Informationen bestraft, nicht jedoch die ungesetzliche Nutzung.
Dies gelte es dringend zu ändern. Schaar betonte
außerdem, es reiche nicht, das Datenschutzrecht einmalig zu
modernisieren. Vielmehr müsse es kontinuierlich an den neusten
gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen gemessen
werden. Der Gesetzgeber müsse dafür die Position des
Bürgers stärken und das derzeit bestehende
Informationsungleichgewicht beheben. Nur ein informierter
Bürger könne sein Recht eigenverantwortlich und
selbstbestimmt wahrnehmen. Johann Bizer vom unabhängigen
Landeszentrum für Datenschutz in Kiel forderte, das Vertrauen
der Menschen in die Wirksamkeit von Datenschutzvorschriften zu
festigen. Der Gesetzgeber stehe aufgrund seiner
verfassungsrechtlichen Schutzpflicht für die informationelle
Selbstbestimmungsrecht der Bürger in der Verantwortung, das
derzeit den Herausforderungen nicht gerecht werdende Schutzkonzept
zu erneuern und zu verbessern. Die von der Wirtschaft genutzten
Daten gefährdeten die Privatsphäre mindesten ebenso wie
die von öffentlichen Dienstellen gespeicherten Daten, sagte
Christian Thorun vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. An
diese neue Anforderung müsse das Datenschutzgesetz angepasst
werden. Es dürfe nicht sein, dass ein Vertragsabschluss von
der Einwilligung zur Verwendung personenbezogener Informationen
abhängig gemacht werde. Der Gesetzgeber müsse dagegen mit
einen Kopplungsverbot vorgehen. Die gesellschaftliche
Wertschätzung der Privatsphäre scheine im Sinken
begriffen, urteilte Karsten Neumann, Landesbeauftragter für
den Datenschutz in Mecklenburg-Vorpommern. Im Schatten einer
sicherheitspolitisch geprägten Diskussion würden die
bürgerliche Freiheit und insbesondere das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung zunehmend eingeschränkt. Der
Einzelne könne sich dem nicht entziehen, da dies ohne
gravierende Einschnitte in die Lebensqualität undenkbar sei.
Der Gesetzgeber sei daher gefordert, den Bürger zu
schützen. Die Schaffung von Rechtsklarheit, so Cornelia Sasse
von der Experian Deutschland Holding GmbH sei im Interesse aller
Beteiligten. Mehr Bürgerrechte im Datenschutz dürfe es
nicht auf Kosten von Unternehmensrechten geben. Es stehe
außer Frage, dass ungehemmtes Datensammeln reguliert werden
müsse. Dennoch sollte es dem Unternehmen zweckgebunden und mit
Nachweispflicht möglich sein, Kundendaten zu speichern und zu
nutzen, um einerseits ein gesundes Risikomanagement zu betreiben
und anderseits serviceorientiert arbeiten zu können.