Wirtschaftsprüfer: Kontroverse bei anlassunabhängiger Sonderuntersuchung
Berlin: (hib/FID) Der Wirtschaftsprüferkammer soll eine effektivere Berufsaufsicht über die Wirtschaftsprüfer ermöglicht werden In diesem Punkt waren sich am Mittwochmorgen die Experten bei einer öffentlichen Anhörung zur Modernisierung der Wirtschaftsprüferordnung im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie einig. Der Gesetzentwurf ( 16/2858) der Bundesregierung sieht unter anderem eine Erweiterung der Ermittlungskompetenzen der Berufskammern vor. So soll es in Zukunft keine kein Recht zur Auskunftsverweigerung wegen "drohender Verletzung der Verschwiegenheitspflicht" gegenüber der Wirtschaftsprüferkammer mehr geben. Des Weiteren soll die Kammer künftig das Recht erhalten, Geschäftsräume zu betreten und Unterlagen zu sichten. Ferner zielt der Entwurf darauf ab, EU-Vorgaben umzusetzen und das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer zu deregulieren und zu liberalisieren.
Diskussionsbedarf bestand lediglich im Bezug auf den Bereich der anlassunabhängigen Sonderuntersuchungen, welche es der Wirtschaftsprüferkammer erlauben, ohne Verdacht auf Berufspflichtverletzungen stichprobenartige Ermittlungen durchzuführen. Hauptsächlich ging es um die die Frage, ob sich die Sonderuntersuchungen auf Mandate börsennotierter Unternehmen, so genannte 319a-Mandate, beschränkt bleiben sollen oder ob sie auch auf andere Mandate ausgeweitet werden dürfen - wie es der Gesetzentwurf vorsieht. Der Präsident der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) Dieter Ulrich forderte in diesem Zusammenhang in Übereinstimmung mit Klaus-Peter Naumann vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) und Carl-Friedrich Leuschner vom Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV) eine Änderung des Gesetzentwurfs. Es sei dringend gesetzlich zu regeln, dass Prüfungsgegenstand der Sonderuntersuchungen ausschließlich 319a-Mandate sein dürften. Nur für den Fall von Beanstandungen bei diesen Mandaten dürfe eine Ausweitung auf andere Prüfungsmandate erfolgen. Naumann begründete seine Ablehnung von Sonderuntersuchungen auf Nicht-§319a-Mandate insbesondere damit, dass die mittelständischen Wirtschaftsprüfer hier erheblich belastet würden. Durch die Betreuung der Sonderuntersuchung durch Praxis-Angestellte würde erhebliche Arbeitskraft gebunden. Mittelständische Wirtschaftsprüfer würden es sich zweimal überlegen, ob sie ihre 319a-Mandate behalten sollten, was insgesamt zu einer stärkeren Konzentration auf dem Markt führen würde. Ulrich betonte, dass die Einbeziehung von 319a-Mandaten in die Sonderuntersuchungen keine Vorraussetzung für die internationale Anerkennung des deutschen Aufsichtssystems sei. Für ausländische Aufsichtsbehörden sei ausschließlich die Kontrolle der börsennotierten Unternehmen relevant.
Für die Beibehaltung des Gesetzentwurfs sprachen sich Volker Röhricht von der Abschlussprüferaufsichtskommission (APAK) und Michael Gschrei von wpnet (Verband für die mittelständische Wirtschaftsprüfung) aus. Stichproben im Zusammenhang mit anlassunabhängigen Sonderuntersuchungen sollten nicht von vornherein auf börsennotierte Mandate beschränkt bleiben. Durch eine solche "Verengung der vom Regierungsentwurf angestrebten Untersuchung der Zuverlässigkeit und Prüfungsqualität der Praxen insgesamt auf eine Nachschau einzelner Mandate" werde eine umfassende Systemprüfung verhindert, so Röhricht. Eine unzumutbare Belastung der mittelständischen Unternehmen sieht er nicht. In diesem Zusammenhang betont Ulrich, dass es hinnehmbar sei, dass bei Praxen mit wenigen 319a-Mandaten keine umfassende Systemprüfung vorgenommen werden könne. Die Zielsetzung einer Sonderuntersuchung sei ohnehin nicht "die vollständige Überprüfung einer von der Praxis durchgeführten Abschlussprüfung im Ganzen oder die Prüfung der gesamten Praxisorganisation" sei. Es entspreche dem präventiven Charakter der Sonderuntersuchung, dass sie sich auf Stichproben beschränke.