Herkunft von Kunstgütern muss verstärkt geklärt werden
Berlin: (hib/AW) Die Museen in Deutschland sollen verstärkt nach so genannter NS-Raubkunst in ihren Beständen fahnden, um diese an ihre Alteigentümer beziehungsweise deren Erben zurückzugeben. Um dieser Provenienzforschung gerecht werden zu können, müssten sie jedoch eine stärke personelle und finanzielle Unterstützung bekommen. Zumindest an diesem Punkt herrschte unter den Abgeordneten des Kulturausschusses und den geladenen Experten in der öffentlichen Anhörung am gestrigen Mittwoch weitestgehend Einigkeit. Die Unionsabgeordnete Monika Grütters betonte im Namen aller Fraktionen, dass man sich in Deutschland dieser "moralischen Verpflichtung" bewusst sei. Grundlage für die derzeitige Restitutionspraxis geraubter Kunst bildet die Washingtoner Erklärung aus dem Jahr 1998, die auch die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet hat. Diese Erklärung beinhaltet jedoch keine verpflichtenden gesetzlichen Regelungen über die Rückgabe. Sie hat eher Appell-Charakter, um zu einem "gerechten und fairen" Ausgleich zwischen den Museen und Alteigentümern und deren Erben zu kommen.
Schwere Vorwürfe gegen die deutschen Museen erhob Georg Heuberger, der Vertreter der Jewish Claims Conference: Sie hätten nach 1945 zwar penibel aufgelistet, welche Kunstgegenstände ihnen durch die alliierten Besatzer geraubt worden seien, aber eben nicht, welche unrechtmäßig durch die NS-Raubzüge in ihren Besitz gekommen seien. Sie seien "aktive wie passive Nutznießer" dieser Raubzüge. Er verstehe aber, dass viele Museen sich in einer Zwickmühle befänden. Selbst wenn sie gewillt wären, die geraubten Kunstgegenstände zurückzugeben, verfügten sie oftmals nicht über die Ressourcen, um die Herkunft ihrer Bestände zu klären: "Das wird Geld kosten. Es ist eine gesamtstaatliche Aufgabe." Den Vorwurf an die Museen wollte der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann, nicht unwidersprochen hinnehmen. Wäre es nach 1945 so einfach gewesen, eindeutig die Eigentümer der Kunstgegenstände zu erkennen, dann müsste heute nicht so viel Aufwand für die Provenienzforschung betrieben werden. Lehmann plädierte dafür, die Washingtoner Erklärung nicht im Sinne einer pauschalen Rückgabeverpflichtung zu interpretieren. Es müsse von Einzelfall zu Einzelfall geprüft und entschieden werden. Es sei wichtig, sich mit den Alteigentümern oder deren Erben "an einen Tisch zu setzen" und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Schließlich handele es sich bei einigen der geraubten Kunstgegenstände um bedeutsame Kulturgüter, die nicht selten die Kernstücke der Museumssammlungen bildeten.
Die Historikerin Monika Tatzkow, die sich seit Jahren beruflich mit Raubkunst und Provenienzforschung beschäftigt, plädierte dafür, dass die Museen alle Kunstgegenstände, deren Herkunft "zweifelhaft" sei, veröffentlichen. Sie verwies auf die guten Erfahrungen, die man mit dieser Praxis in Großbritannien und den USA gemacht habe. Erst dadurch sei ein besserer Informationsaustausch zwischen Museen und Forschern möglich und die Herkunft des Kunstgegenstandes könne einfacher geklärt werden. Schließlich handele es sich nicht bei allen Verdachtsfällen auch wirklich um einen Fall von Raubkunst.