Bundestagspräsident Thierse verfügt Hausverbot
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat angeordnet, dass der Fernsehreporter Martin Lettmayer sowie der Geschäftsführer der Produktionsfirma Meta Productions und Moderator der SAT.1-Sendereihe "Akte 2000", Ulrich Meyer, für die Dauer eines Jahres keine Erlaubnis erhalten, im Bundestag journalistisch zu arbeiten. Nach Erörterung in Präsidium und Ältestenrat reagierte Bundestagspräsident Thierse damit auf Meyers und Lettmayers Verstoß gegen die Hausordnung und die Zugangs- und Verhaltensregeln für die Liegenschaften des Deutschen Bundestages.
Lettmayer hatte in Absprache mit Meyer am 27. Oktober 2000 ohne Erlaubnis in Toilettenräumen des Reichstagsgebäudes Filmaufnahmen von sogenannten Wischtests gemacht, mit denen aufgrund fragwürdiger Methoden der Nachweis für angebliche Spuren von Kokain erbracht werden sollte. Die Berichte darüber wurden am 31. Oktober und 7. November 2000 in der SAT.1-Sendereihe "Akte 2000" ausgestrahlt.
Bei der Entscheidung des Bundestagspräsidenten wurden auch die Gründe der Berliner Staatsanwaltschaft berücksichtigt, wegen der angeblichen Funde von Kokainspuren kein Ermittlungsverfahren von Amts wegen einzuleiten. Die Staatsanwaltschaft hatte keine konkreten Anhaltspunkte für bestimmte Straftaten bestimmter Personen gefunden und war zum Ergebnis gekommen, dass das ihr vorliegende Material (von der Firma Meta Productions der Bundestagsverwaltung und von dort der Staatsanwaltschaft zugeleitet) nicht den Anforderungen für ein Ermittlungsverfahren genüge. In dem "Wischtuch-Verfahren" sieht die Staatsanwaltschaft wie auch das Bundeskriminalamt keine ordentliche Beweismittelerhebung.
Im Ältestenrat wurde darüber hinaus auf die Mitteilung der Bundespressekonferenz hingewiesen, dass das Vorgehen von Lettmayer der Arbeitsweise der über 900 in der Bundespressekonferenz organisierten Parlamentskorrespondenten und der Auffassung des Vorstandes der Bundespressekonferenz von sorgfältiger Recherche "in keiner Weise entspricht". Lettmayer sei nicht Mitglied der Bundespressekonferenz.