Pressemitteilung
Datum: 11.10.2001
Pressemeldung des Deutschen Bundestages -
11.10.2001
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Öffentliche Anhörung zu dem Thema "Pränatale Diagnostik und Präimplantationsdiagnostik aus frauenspezifischer Sicht"
Zeit:
Dienstag, 16. Oktober 2001, 13.30
Uhr bis 17.30 Uhr
Ort:
Berlin, Paul-Löbe-Haus ,
Saal 2. 200
Öffentliche Anhörung
zu dem Thema
„Pränatale Diagnostik und Präimplantationsdiagnostik
aus frauenspezifischer Sicht“
Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz zur Mitteilung der Kommision
Das ganze Potential der Union ausschöpfen:
Konsolidierung und Ergänzung der Lissabonner Strategie (Synthesebericht)
Dr. Bühren, Astrid
Vorsitzende des Deutschen Ärztinnenbundes
Brüssel, Marion
Landesvorsitzende des Berliner Hebammenverbandes
Dr. Dennis, Regine
Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V.
Heinkel, Claudia
Diakonisches Werk der EKD
Hauptgeschäftsstelle
Prof. Dr. Helfferich, Cornelia
Sozialwissenschaftliches Frauenforschungsinstitut
Prof. Dr. Kollek, Regine
Universität Hamburg
Forschungsschwerpunkt
Biotechnik, Gesellschaft und Umwelt
Dr. Stellmach, Claudia
Forschungsarbeitsgemeinschaft in NRW:
„Ethik im Spannungsfeld ...im Gesundheitswesen“
Prof. Dr. Theile, Ursel
Leiterin genetische Beratungsstelle, Mainz
Prof. Dr. Zerres, Klaus
Institut für Humangenetik des
Universitätsklinikums RWTH Aachen
Schwangerschaft und Vorsorge
1. Haben sich die Fruchtbarkeitsbiographien der Frauen verändert? Wenn ja, woran
macht sich dies überwiegend fest?
2. Hat sich das Erleben von Schwangerschaft für die Frauen verändert? Welche
Rolle nimmt dabei die Vorsorge ein?
3. Welche Autonomie bleibt den Frauen im Zusammenhang mit der Vorsorge, die
zunehmend und selbstverständlich kontrollierenden Charakter erhalten hat?
4. Die Akzeptanz der Frauen zum Ultraschall scheint groß. Was macht diese
Akzeptanz aus und ist dies gerechtfertigt?
5. Welche Vorteile und Gefahren sehen Sie für Frauen in der Anwendung
vorgeburtlicher Untersuchungen?
6. Welche Maßnahmen (Verbesserung von Methoden) sind erforderlich, um diese
Gefahren für Frauen zu verringern?
7. Ist die Ultraschalldiagnostik als Eingangspforte für eine selektive pränatale
Diagnostik anzusehen?
8. Welchen Stellenwert hat der Mutterpass für die schwangere Frau?
9. Mutterschaftsrichtlinien – inzwischen gibt es eine Fülle von Eintragungen pro
Schwangerschaft im Mutterpass. Wird Vorsorge nur mehr zum Risikoausschluss
benutzt?
10. Wie hoch ist die Inanspruchnahme bei der Vorsorge?
11. Wo liegen die altersbedingten Unterschiede in der Vorsorge?
12. Gibt es Erfahrungen über die Inanspruchnahme von Vorsorgemaßnahmen durch
Frauen ausländischer Herkunft?
Schwangerschaft und Beratung
Die Beratung und Aufklärung schwangerer Frauen wird in Zukunft im Rahmen der Pränataldiagnostik zunehmend eine Schlüsselrolle spielen. Die Anfragen umfassen nicht nur medizinische Aspekte, sondern auch deren psychische und soziale Auswirkungen im Alltagsleben.
1 a. Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die gegenwärtige Beratungspraxis?
1 b. Welche Beratungsangebote sind zu welchem Zeitpunkt erforderlich
1 c. Wie kann die Kooperation, z.B. auch die Verständigung über gemeinsame Ziele,
zwischen Beratern, Gynäkologen, Humangenetikern und Hebammen verbessert
werden?
2. Gibt es Unterschiede im Beratungsverhalten von Gynäkologinnen oder
Gynäkologen?
3. Liegen Erfahrungen zum Beratungssystem aus anderen Ländern vor?
4. Werden Frauen/Paare bei vorhandenem Risiko einer „Erbkrankheit“ grundsätzlich
zu einer genetischen Beratungsstelle geschickt und verlangen Paare ohne
vorhandenes genetisches Risiko eine solche Beratung?
5. Gibt es in Deutschland überhaupt eine aussagekräftige (valide) Bestandsauf-
nahme der jetzigen Beratungs- und Informationspraxis?
6. Sind Bemühungen bekannt, Qualitätsstandards für die Schwangerenberatung und
–vorsorge zu erstellen und durchzusetzen?
7. Welche Rahmenbedingungen sind erforderlich, damit die Beratung den
medizinischen Erfordernissen entsprechend durchgeführt werden kann?
8. Wie beurteilen Sie die Respektierung des Wunsches einer Schwangeren auf den
Verzicht von speziellen vorgeburtlichen Untersuchungen
PID - Präimplantationsdiagnostik
1. Welche konkreten Hoffnungen und Erwartungen sehen Sie für Frauen mit
Einführung der PID?
2. Wie beurteilen Sie die Einführung der PID unter dem Aspekt der Selektion nach
Behinderung und Krankheiten?
3. Welche Belastungsfaktoren stehen für die Trägerin bzw. das Paar mit veränderten
Erbanlagen bei der PND bzw. bei der PID im Vordergrund?
4. Würde die PID nicht zwangsläufig ausgeweitet werden und über die Ermittlung von
monogenen Erbkrankheiten (z.B. Mukoviszidose, Chorea Huntington) hin zu
mutlifaktoriellen Erkrankungen (z.B. Brustkrebs) führen? Wie hoch wäre ggf. die
Rate einer Fehldiagnose?
5. Welche Mitsprache hat die Frau/das betroffene Paar bei der „Auswahl“ der zu
implantierenden Embryonen? Wie könnte eine solche Mitsprache ausgestaltet
werden?
6. Würde die Zulassung von PID zur Nachfrage auch bei Paaren führen, die diese
aus medizinischer Sicht eigentlich nicht benötigten und würde die Wahlmöglichkeit
eventuell zum Zwang führen?
7. Welche Gründe kennen Sie, warum Frauen diese erheblichen physischen und
psychischen Belastungen und Risiken (durchschnittlich drei- bis sechsmalige
Hormonbehandlung) auf sich nehmen?
8. Bei der PID ist die Frau sofort Patientin – welche Folgen hat dies?
9. Es wird immer wieder über nicht ausreichende Beratung gesprochen – welche
Folgen zeitigt diese und woran lässt sich dies festmachen?
10. Die Zahl der betoffenen Paare mit veränderten Erbanlagen, für die die PID in
Frage kommt, ist nicht sehr groß. Welche „Alternativen“ können ihnen angeboten
werden?
11. Wäre möglicher Missbrauch der PID durch die Beschränkung auf wenige
Kompetenzzentren, die zur Durchführung berechtigt wären, zu verhindern?
12. Verändert sich die Rolle der Frau in der Gesellschaft durch medizinisch unter-
stützte Fortpflanzung (Individualität und Status in der Gesellschaft)?
13. Wie bewerten Sie die Befürchtungen, dass Frauen zunehmend als Objekte für
Wissenschaft und Industrie gesehen werden?
14. Welches Bild von Elternschaft gibt es und wie definiert sich dabei die Rolle der
Frau?
15. Wie beurteilen Sie die Auswirkungen bei Zulassung der PID
a. generell bei Maßnahmen der In-Vitro-Fertilisation
b. bei sogenannten Hochrisikopaaren?
Wie beurteilen Sie die physische und psychische Belastung bzw. Entlastung von
Frauen bei Durchführung der PID?
PND - Pränataldiagnostik
1. PND betrifft grundsätzlich jede Schwangere. Wann soll PND und durch wen
thematisiert werden (Ärzte, Hebammen, Beratungsstellen)?
2. Die große Zahl der PND-Maßnahmen deutet darauf hin, dass sie eher schon zur
Routine geworden sind. Wird die regelmäßige Anwendung der PND im Rahmen
der Vorsorge in der gynäkologischen Praxis thematisiert?
3. Welche Entscheidungskompetenz liegt bei der Frau oder wird PND als
Kompetenzverlust von der Schwangeren erlebt?
4. Zur PND gehört auch der Triple-Test. Dieses Verfahren dient eigentlich nur der
Risikospezifizierung (ermöglicht statistische Aussagen und ergibt häufig auch
falsch positive Befunde). Seine geringe Aussagekraft wird auch von Fachleuten
bestätigt; seine Berechtigung wird mit seiner Etablierung argumentiert. Zudem
dient er als „Einfallstor“ für weitere diagnostische Maßnahmen. Welchen Stellen-
wert geben Sie dieser Methode?
5. Wie erleben Schwangere eine mehrstufige Kontrolle der Gesundheit ihres Kindes?
6. Die Verfügbarkeit der PND beeinträchtigt die Autonomie der Frau/des Paares.
Autonomie ist aber immer nur dann gegeben, wenn es gleichberechtigte
Alternativen gibt. Welche könnten dies sein?
7. Welches Ziel verfolgt die PND – das Erkennen von krankhaften Embryonen/Föten
oder den Frauen/Paaren eine informierte Entscheidung ermöglichen?
8. Gibt es verfügbare Daten darüber, wieviel Prozent der schwangeren Frauen PND
gezielt einfordern (etwa ältere Schwangere)?
9. In den Richtlinien der Bundesärztekammer wird u.a. ausgeführt, dass PND
angezeigt ist „bei risikobehafteter bzw. klinisch auffälliger Schwangerschaft“. Unter
welchen medizinischen Gesichtspunkten ist eine Schwangerschaft als
risikobehaftet bzw. klinisch auffällig anzusehen?
10. Häufig wird das Argument herangezogen, dass die PND der Frau bei der
Angstbewältigung hilft. Trifft dies zu?
11. 98% der Schwangerschaften werden nach humangenetischer Beratung bei
positivem Befund abgebrochen. Welche Befunde sind dies und gibt es genauere
Aufstellungen darüber?
12. Die Praxis der PND ist mit der Gefahr der Stigmatisierung von Behinderten und
ihren Eltern verbunden. Die der jetzigen Vorsorgepraxis zugrundeliegende
Betonung der Schwangerschaftsrisiken spricht nicht für eine Ausweitung der
Tests, ggf. für eine Einschränkung. Welche bisher durchgeführten Testverfahren
wären aus Ihrer Sicht entbehrlich? Wer kann und soll über die Testverfahren
entscheiden (Gesetzgeber, Standesrecht u.a.)?
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Quelle:
http://www.bundestag.de/aktuell/presse/2001/pz_0110111