Gerhard Richter
Gerhard Richter, geboren 1932 in Dresden, lebt und arbeitet in Köln.
In der Westeingangshalle wird der Besucher des
Reichstagsgebäudes von Arbeiten von Sigmar Polke und Gerhard
Richter empfangen. Beide Künstler standen vor der schwierigen
Aufgabe, sich mit ihren Werken gegen jeweils 30 Meter hohe
Wände zu behaupten. Gerhard Richter hat an der einen Wand der
Westeingangshalle ein Farbkunstwerk von 21 Meter Höhe und drei
Meter Breite in den Farben Schwarz-Rot-Gold gestaltet. Die Farben
wurden auf die Rückseite großer Glastafeln aufgetragen
und erinnern - nicht ohne Hintersinn - an die Farben der deutschen
Bundesflagge. Aber sowohl das hochrechteckige Format als auch die
spiegelnden Glasflächen (in denen sich von einem bestimmten
"point de vue" aus die reale Bundesflagge vor dem
Reichstagsgebäude spiegelt) machen deutlich, dass es sich
nicht um die Abbildung einer Flagge handelt, sondern um ein
autonomes Farbkunstwerk und der Künstler durch die Wahl und
die Zusammenstellung der Farben eine den Betrachter irritierende
"Wahrnehmungsfalle" aufgestellt hat.
Monumentalität ohne Pathos
Richter gelingt es, mit der auf die Wandproportionen
abgestimmten Größe seiner Arbeit und mit sparsamen
Mitteln ein farbiges Gegengewicht zur Dominanz der Architektur in
der Westeingangshalle zu schaffen und dem Auge des Betrachters
einen Ruhepunkt in der belebten Halle zu bieten. Trotz ihrer
Monumentalität fehlt der Arbeit jedes Pathos. Vielmehr
spiegelt die Fragilität der Glasscheiben im materiellen und im
übertragenen Sinne das stets gefährdete und daher stets
neu zu gestaltende und zu schützende demokratische Gemeinwesen
wider.
Gerhard Richter
Gerhard Richter studierte zunächst an der Kunstakademie in Dresden und siedelte 1961 in die Bundesrepublik Deutschland über. Zusammen mit Konrad Lueg und Sigmar Polke trat er 1963 mit dem Happening einer "Demonstration für den Kapitalistischen Realismus" öffentlich in Erscheinung, die "erste Ausstellung deutscher Pop-Art", mit der er sich gegen die vorherrschende abstrakte Malerei der Zeit wandte. Im Gegensatz zur amerikanischen Pop-Malerei war seine Hinwendung zum Lebensalltag allerdings von einer Stil und Bedeutungsinhalte infrage stellenden Ironie gekennzeichnet. Zunächst ging er von zufällig entdeckten Fotos oder Zeitungsausschnitten aus, die er, schwarz-weiß und unscharf dargestellt, auf die Leinwand übertrug. In der Folge vermied er jede stilistische Festlegung und malte gleichermaßen virtuos Porträtbilder, abstrakte Vergrößerungen von Malstrukturen, monochrome Graubilder, Farbtafeln oder Landschaften bis hin zu Stillleben. Sein Werk "Schwarz Rot Gold" weist auf die zentrale Thematik seines Schaffens hin, die sich in der Vielfalt seiner Techniken und Motive immer wieder spiegelt, nämlich auf die Fragestellung, was in der Moderne Bildgegenstand sein kann und worüber eine Verständigung zwischen Maler und Betrachter möglich ist.
Text: Andreas Kaernbach
Kurator der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages