Blickpunkt
Dezember 05/1998
"Vieles neu und alles anders?"
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Solide Arbeitsgrundlage
Mit dem Koalitionsvertrag haben wir hierfür eine solide Arbeitsgrundlage gelegt. Die Vereinbarung ist nicht der kleinste gemeinsame Nenner von SPD und Bündnisgrünen, sondern die Basis für ein Bündnis auf bestimmte Zeit, in dem zwei gleichberechtigte Partner an ihren gemeinsamen Zielen arbeiten. Daß das Kräfteverhältnis 40:6 sich darin und in der personellen Besetzung widerspiegelt, gehört zu den Spielregeln. Genauso gehört dazu, daß die gesamte Vereinbarung von allen Beteiligten getragen und mit Leben erfüllt wird. Keiner soll sich die Rosinen herauspicken, keiner wird mit einseitigen Veränderungen Erfolg haben.Sicher: Die Zusammenarbeit in der Koalition muß und wird sich erst einspielen. Aber ich bin zuversichtlich, daß wir das Verhandlungsergebnis zügig und ohne große Reibungsverluste umsetzen. Damit gehen wir einen großen Schritt in die richtige Richtung, und vielleicht schaffen wir es ja sogar, weiter zu kommen, als wir uns vertraglich auferlegt haben. Die Voraussetzungen dafür sind günstig, denn die Zeichen stehen auf Erfolg. Die seit 25 Jahren andauernde Diskussion über die Verantwortbarkeit der Atomkraft führen wir mit dem Ausstiegsgesetz endlich einer Lösung zu. Ein Relikt aus der Kaiserzeit, das Abstammungsrecht, wird endlich durch ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht abgelöst. Mit der Steuerreform kommt endlich Bewegung in die seit Jahren geforderte, aber nie umgesetzte Senkung der Lohnnebenkosten. Den Einstieg in ein neues, ökologisches System der Besteuerung schaffen wir mit dem Ökosteuergesetzentwurf. Damit verankern wir neben dem Gebot der Sozialverträglichkeit endlich das längst überfällige Prinzip der Umweltverträglichkeit am Markt.
Viel Schonfrist wird es für die neue Regierung nicht geben. Der Wind bläst uns jetzt schon kräftig ins Gesicht. Es kommt darauf an, sich nicht von einzelnen Interessengruppen einen Baustein nach dem anderen aus dem Bauwerk der Koalitionsvereinbarung herausbrechen zu lassen. Unsere Steuerreform muß insgesamt für alle mehr Gerechtigkeit schaffen, sie läßt sich gerade nicht an der Summe der Einzelvorteile messen. Als Regierungsfraktion haben wir das Gesamtinteresse, nicht die Sonderinteressen im Blick.
Gerade deshalb brauchen wir den beständigen Diskurs mit allen gesellschaftlichen Kräften - ohne falsche Versprechungen zu machen. Die Zustimmung der Mehrheit der Gesellschaft zur neuen Politik ist Voraussetzung für den Erfolg der Koalition. Wenn wir es schaffen, diese Zustimmung immer wieder aufs neue herzustellen, können Bündnis 90/Die Grünen auf lange Zeit der Reformmotor in der deutschen Politik sein.
Quelle:
http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9805/9805067