"STARKE TRADITIONELLE VERBINDUNG ZWISCHEN DEN VEREINIGTEN STAATEN UND DEUTSCHLAND"
Der Sprecher des amerikanischen Repräsentantenhauses, J. Dennis Hastert, war einer der Gäste zum 50. Geburtstag des Deutschen Bundestages.
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Blickpunkt Bundestag: Herr Hastert, Sie haben gerade ein besonderes Frühstück hinter sich.
Hastert: Ja, zusammen mit dem Bundespräsidenten Johannes Rau und vielen Parlamentspräsidenten aus der ganzen Welt. Es war eine sehr schöne Gelegenheit, alle zu treffen.
Ihr Besuch in Berlin ist ja nur kurz.
Sehr kurz, ich wünschte, er wäre länger. Wir waren gestern in Bonn, heute in Berlin. Heute muss ich wieder zurück, weil morgen nach der Sommerpause das Repräsentantenhaus in Washington wieder zu arbeiten beginnt und eine Menge Pflichten auf mich warten.
Welchen Eindruck macht Berlin auf Sie?
Ich war Mitte der sechziger Jahre das erste Mal in Berlin. Die Stadt hat sich seitdem so sehr verändert. Gestern Abend stand ich am Brandenburger Tor, auf der Ostseite, und ich dachte: Nie in meinem ganzen Leben hätte ich daran geglaubt, eines Tages hier zu stehen und ein freies Berlin zu sehen. Aber die Dinge ändern sich tatsächlich. Es ist eine wunderbare Erfahrung, hier zu sein.
Was heißt es für Sie – als Sprecher des amerikanischen Repräsentantenhauses – am 50. Geburtstag des Deutschen Bundestages teilzunehmen?
Es sind 50 Jahre einer erfolgreichen Demokratie. Und wir als Amerikaner glauben, unseren Anteil daran geleistet zu haben, dass hier freie Menschen ihre Vertreter und ihre Regierung wählen konnten. Auf der anderen Seite haben wir auch zu danken: Schon vor mehr als 200 Jahren halfen Einwanderer aus Deutschland mit, unsere Nation zu formen. Sie brachten – und bringen noch immer – ihre Kultur ein, ihren Familiensinn, den Stolz auf ihre deutsche Herkunft. Sie hatten damals einen wichtigen Anteil am Aufbau unserer Demokratie. So gesehen war die Demokratie schon immer ein Verbindungsglied zwischen Deutschland und den USA, wie eine Straße, die in beide Richtungen befahrbar ist.
Seit fast zehn Jahren sind die beiden Teile Deutschlands vereinigt. Welche Themen stehen Ihrer Meinung nach jetzt im Vordergrund, wenn Sie die veränderte Rolle der Bundesrepublik betrachten?
Wie viele Amerikaner sehe ich Deutschland als Motor der Europäischen Union, besonders des kontinentalen Europas. Es ist ein wichtiger wirtschaftlicher Impulsgeber. Auch für unsere Wirtschaft bedeutet dies viel. Deutsche Firmen fusionierten jüngst mit amerikanischen Firmen wie zum Beispiel Daimler-Chrysler oder Siemens. Und natürlich muss man bei solch starken wirtschaftlichen Beziehungen für ein gutes Familienklima sorgen.
Sehen Sie Deutschland als Brücke nach Osteuropa?
Deutschland ist ein guter Wirtschaftsstandort. Und natürlich haben wir hier viel investiert, weil wir es als offenes Tor zu den Ländern Osteuropas betrachten. Es gibt einfach eine starke traditionelle Verbindung zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland, die auf jedem Gebiet trägt.
Was, glauben Sie, ändert der Umzug der Regierung von Bonn nach Berlin?
Oh, Berlin ist eine Metropole, eine urbane Stadtlandschaft. Das wird das Leben derjenigen, die hier arbeiten werden, natürlich verändern. Aber man wird sehen, was geschieht...
Manche sagen, Bonn war ein wenig gemütlicher...
Ich fürchte, da eigne ich mich schlecht als Richter, denn ich bin ein Kleinstadtjunge. Ich lebe nicht gern in Washington, es ist mir zu groß, und ich freue mich jedes Mal, nach Hause fahren zu können, nach Yorkville im Staat Illinois, wo meine Familie lebt.