GROSSE MEHRHEIT FÜR KOALITIONSANTRAG
Flüchtlingen in der EU einen stärkeren Schutz verschaffen
(mr) Mit der Mehrheit von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS hat der Bundestag am 8. März einen Antrag der Koalitionsfraktionen "Flüchtlingsschutz ist Menschenrechtsschutz" ( 14/4884) gegen die Stimmen der CDU/CSU bei Enthaltung der F.D.P. gebilligt. Der federführende Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe hatte eine Beschlussempfehlung ( 14/5462) vorgelegt.
Die Parlamentsmehrheit forderte unter anderem, die Rolle des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) in der humanitären Hilfe zu stärken. Reformüberlegungen, die Handlungsfähigkeit und Effizienz des UNHCR zu erhöhen, seien zügig umzusetzen.
Die Abgeordneten sprachen sich ferner dafür aus, der besonderen Schutzbedürftigkeit unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge weiterhin Rechnung zu tragen. Sie plädierten weiter dafür, in der Europäischen Union einen stärkeren Schutz für Flüchtlinge zu schaffen.
Die Mehrheit des Bundestages forderte darüber hinaus, künftig geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen stärker zu berücksichtigen. Flüchtlingen müsse Abschiebungsschutz auch bei einer Bedrohung aus Gründen des Geschlechts sowie durch nichtstaatliche Akteure und bei Schutzunfähigkeit bzw. Unwilligkeit des Staates gewährt werden. Die Abgeordneten erwarten, dass bei Entscheidungen über Abschiebungshindernisse die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte berücksichtigt werden soll.
"Initiative zu wenig konkret"
Von der parlamentarischen Opposition hieß es dazu, die lediglich als Katalog an Auffassungen formulierten Forderungen in der Initiative als zu wenig konkret. Deshalb sei der Antrag nicht geeignet, auf Erfolge hoffen zu können. Die PDS stimmte dennoch zu, kündigte aber an, die Umsetzung der Forderungen zu überprüfen.
Am Tag zuvor hatte es im Fachausschuss eine Aussprache mit dem Präsidenten des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Albert Schmid, gegeben. Die Abgeordneten wollten unter anderem wissen, wie in Fällen weiblicher Genitalverstümmelung entschieden werde, die nach bisheriger Rechtsprechung kein Grund für eine Asylanerkennung ist. Schmid wies auf den seit Juli vergangenen Jahres "geänderten Maßstab" im Asylentscheidungsverfahren hin. In einem Urteil vom August 2000 habe das Bundesverfassungsgericht zwar an der Staatlichkeit der politischen Verfolgung festgehalten. Diese sei jedoch politisch zu definieren, betonte Schmid. Bis dahin gäbe es für die betreffenden Verfahren einen Entscheidungsstopp. In einigen wenigen Fällen gäbe es nach der Duldung eine Aufenthaltsbefugnis.
Eine zentrale Änderung in der Asylfrage ergebe sich auch aus neuen Entscheidungsprozeduren. Dem Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten würden nun auch Fälle negativer Asylentscheidungen vorgelegt werden.
Befremden geäußert
Mit der Einrichtung des Beauftragten sei ein wichtiges Korrektiv für die Weisungsungebundenheit der Entscheider geschaffen worden. Bisher fehle es jedoch an einheitlichen Entscheidungskriterien. Die Qualität der Verfahren müsse im Vordergrund stehen. Dazu wolle man in den folgenden Monaten die Beamten gezielt auch psychologisch schulen. Die im Ausschuss anwesende Bundesregierung erklärte, das Innenministerium habe 45 "Spezialistinnen" darauf vorbereitet, mit Bewerberinnen umzugehen, die möglicherweise Opfer von Vergewaltigung und Genitalverstümmelung geworden sind.
Verwundert zeigten sich die Ausschussmitglieder darüber, dass nach den Worten der Regierung die Bundesrepublik die gegen die UN-Kinderkonvention erklärten Vorbehalte nicht zurücknehmen wolle, obwohl sich der Bundestag dafür ausgesprochen hatte. Die Rücknahme sei "am mangelnden Konsens der Länder" im Herbst 2000 gescheitert, so die Regierung. Die Abgeordneten äußerten ihr Befremden, darüber nicht früher informiert worden zu sein.