EU-UMWELTVORGABEN IN DEUTSCHES RECHT UMGESETZT
Belastungen durch den Bau oder Betrieb von Anlagen reduzieren
(um) Der Bundestag hat am 5. April den gleich lautenden Gesetzentwürfen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ( 14/4599) und der Bundesregierung ( 14/5204) zur Umsetzung der EU-Änderungsrichtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), der EU-Richtlinie zur "Integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung" (IVU) sowie weiterer EU-Richtlinien zum Umweltschutz in der am 28. März vom Umweltausschuss vorgeschlagenen Fassung ( 14/5750) zugestimmt.
Ebenfalls auf Empfehlung des Umweltausschusses lehnte der Bundestag Anträge der CDU/CSU ( 14/5546), die Prüfung der UVP den Erfordernissen einer modernen Umweltpolitik anzupassen, sowie der F.D.P.-Fraktion ( 14/3397), zur Umsetzung der IVU-Richtlinie ein Umweltgesetzbuch auf den Weg zu bringen, ab. Das Gesetz wurde gegen das Votum von Union, F.D.P. und PDS verabschiedet. Die Oppositionsanträge lehnten SPD, Bündnisgrüne und PDS ab.
Der Bundestag nahm darüber hinaus einen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen ( 14/5772) an. Ziel dieses Artikelgesetzes sei es, heißt es darin, die Voraussetzungen zu schaffen, um Umweltbelastungen möglichst umfassend zu senken, die durch den Bau oder den Betrieb von bestimmten Anlagen oder Projekten entstehen können.
Dies soll durch einen Ausbau der Regelungen zur UVP der damit verbundenen Öffentlichkeitsbeteiligung erreicht werden. Darüber hinaus verpflichte das Gesetz zu einer integrierten Betrachtung der Wechselwirkungen zwischen den in der Abluft, im Abwasser und im Abfall auftretenden Emissionen, um diese nicht von einem Medium in das andere zu verlagern. Der Bundestag fordert die Regierung darüber hinaus auf, weiter am Projekt eines Umweltgesetzbuches zu arbeiten.
Drohung aus Brüssel
Die SPD hatte im Ausschuss argumentiert, die Frist für die Umsetzung der Richtlinien sei schon lange abgelaufen und die EU-Kommission drohe Deutschland mit Zwangsgeldern. Daher wolle man die Richtlinien über ein Artikelgesetz umsetzen und nicht auf das Umweltgesetzbuch warten. Inhaltlich werde der Anwendungsbereich der UVP erweitert. Im ersten Anhang, in dem die Projektarten aufgeführt seien, die auf jeden Fall einer UVP unterzogen werden müssen, befänden sich statt 9 nun 21 Projektarten. Im zweiten Anhang seien nun 82 statt 81 Projektarten enthalten, bei denen zumindest teilweise eine UVP vorgesehen ist. Neu sei, dass die grenzüberschreitende Behördenbeteiligung auch auf Nicht-EU-Staaten ausgeweitet werde, so die SPD.
Vermeidung vor Entsorgung
Die IVU-Richtlinie sehe vor, so die Fraktion, dass für die Zulassung von Industrieanlagen und Deponien ein integriertes Konzept vorgelegt wird. Dieser Ansatz werde durch einheitliche Vorgaben für die Festlegung von Grenzwerten verwirklicht. Die Abfallvermeidung erhalte Vorrang gegenüber der Abfallentsorgung. Für die Bestimmung des "Standes der Technik" würden gleichlautende Definitionen im Bundesimmissionsschutzgesetz, im Wasserhaushaltsgesetz und im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz eingeführt.
Im Bundesimmissionsschutzgesetz werde nicht nur gegen schädliche Umwelteinwirkungen vorgesorgt, sondern auch gegen sonstige Gefahren und Belästigungen. Weitere Neuerungen beträfen das Umweltinformationsgesetz sowie die Umwelt-Audit-Privilegierung. Es sollten Anreize geschaffen werden, dass sich wieder mehr Unternehmen an diesem System der Umweltzertifizierung beteiligen.
Für die Unionsfraktion ist es nicht gelungen, die Richtlinien durch den ersten Teil eines Umweltgesetzbuches umzusetzen. Große Probleme sieht sie für die Wirtschaft, deren Belange zu wenig berücksichtigt würden. Wenn Genehmigungsanforderungen nicht strikt an EU-Vorgaben ausgerichtet, sondern verschärft würden, verschlechtere dies die Wettbewerbssituation deutscher Unternehmen. Problematisch sei auch die Abfallvermeidungspflicht, so die CDU/CSU. Anlagenbetreiber müssten beweisen, dass die Verwertung wirtschaftlich und technisch unzumutbar sei. Sie würden zu aufwendigen Vorkehrungen gezwungen, um Abfälle zu vermeiden, die ohne ökologische Nachteile verwertet und beseitigt werden könnten.
Der Bundestag lehnte Entschließungsanträge der F.D.P. ( 14/5783) und der PDS ( 14/5803) zu dem Gesetz ab. Die F.D.P. hatte die Regierung unter anderem aufgefordert, deutlichere Erleichterungen für Unternehmen zu schaffen. Damit könnten Betriebe, die freiwillig am Öko-Audit teilnehmen, entlastet werden. Außerdem sollten im EU-Ausland gewählte Lösungskonzepte zur Umsetzung der Richtlinien als Alternativen mitbedacht werden. Es könne nicht im Sinne des Umweltschutzes sein, Anlagen etwa zur Druckfarbenherstellung UVP-pflichtig zu machen, wenn das im EU-Ausland nicht der Fall sei.
Die PDS argumentierte, das Gesetz werde den EU-Vorgaben in wesentlichen Punkten nicht gerecht. Damit setze sich der Trend zu komplizierten, kaum verständlichen und schwer handhabbaren Gesetzen fort. Die Folge seien schärfere Vollzugsdefizite in der Praxis.
Grenzwerte gesenkt
Der Umweltausschuss hatte am 28. März eine Reihe von Änderungsanträgen der Koalitionsfraktionen zum Gesetzentwurf angenommen. Beispielsweise soll die UVP-Schwelle nicht durch das Zerlegen von Projekten unterschritten werden können. Auch wurden Anlagen zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Rindern und Kälbern ab einer bestimmten Größe UVP-pflichtig gemacht. Die Grenzwerte für die UVP-Pflichtigkeit bei der Start- und Landebahngrundlänge auf Flughäfen wurden von 2.100 auf 1.500 Meter reduziert. Änderungsvorschläge der Union hatte der Ausschuss dagegen abgelehnt.
In ihrem im Plenum zurückgewiesenen Antrag hatte die CDU/CSU ebenfalls Änderungen am Gesetzentwurf verlangt. Die F.D.P. hatte die Regierung aufgefordert, die EU-Richtlinien in einem Umweltgesetzbuch in deutsches Recht umzusetzen.