ÖFFNUNG DER ENERGIEMÄRKTE
Wirtschaftspolitiker lehnen EU-Regulierungsbehörde ab
(wi) Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat sich am 4. April im Wirtschaftsausschuss dagegen ausgesprochen, in jedem EU-Mitgliedsland eine Regulierungsbehörde für die Energiemärkte und in Brüssel eine "Super-Regulierungsbehörde" einzurichten. Sie kündigte an, dass die Frage der weiteren Liberalisierung der Energiemärkte beim EU-Ministerrat am 14. und 15. Mai in Stockholm beraten werden soll.
Das BMWi erklärte im Ausschuss, erforderlich sei ein Ordnungsrahmen, aber kein "europäischer Super-Regulator". Die Liberalisierung müsse weitergehen, dafür brauche Deutschland Verbündete wie Schweden oder Großbritannien. Deutschland setze bei Stromlieferungen auf die freiwillige Vereinbarung der Verbände. Die Regierung bemühe sich, auch auf dem Gassektor zu einer freiwilligen Vereinbarung zu kommen.
Die CDU/CSU-Fraktion bewertete das Ergebnis des EU-Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs in Stockholm am 23. und 24. März dahin gehend, dass im Blick auf die Liberalisierung der Energiemärkte kaum Fortschritt erzielt worden sei. Vielmehr sei eine "Blockade der Richtlinie" vereinbart worden. Die Frage sei, wie eine europäische Regulierungsbehörde verhindert werden könne. Für die Regierung könnte es hilfreich sein, so die Union, dass der Bundestag keine europäische Regulierungsbehörde will. Vom Weg der Verbändevereinbarung wolle man nicht abweichen.
Kartellamt im Blick
Die Fraktion räumte ein, dass die Verbändevereinbarung an einigen Stellen nicht zufriedenstellend funktioniere. Da biete sich an, Marktzugangsbehinderungen durch das Bundeskartellamt regulieren zu lassen. Die Liberalisierung in Deutschland sei für die Verbraucher ein großer Vorteil. Der EU-Energiekommissarin Loyola de Palacio müsse verdeutlicht werden, dass die Abschottung des französischen Strommarktes ein europäisches Wettbewerbshindernis darstelle.
Die Sozialdemokraten bezeichneten die ungleichgewichtige Marktöffnung in der EU als einen "Geburtsfehler". Man habe viel unternommen, um den verhandelten Netzzugang in einer Verbändevereinbarung praktikabel zu machen. In der Frage der Regulierung sei Deutschland in einer "absoluten Minderheitenposition", da man als einziges Land keine Regulierungsbehörde habe. Die Fraktion erinnerte ferner daran, dass viele Mitgliedstaaten ein Interesse daran hätten, ihren Strom auf den deutschen Markt zu liefern. Ziel müsse es sein, Tarife zu bekommen, welche die Versorgungssicherheit im Blick haben.
Marktöffnung bis 2005
Für Bündnis 90/Die Grünen hat die Kommissarin de Palacio "ambitionierte Ziele" mit der Marktöffnung bis 2005 vorgestellt. Zum Gesamtpaket gehöre eine schnellere Öffnung der Märkte in Frankreich und eine stärkere Regulierung in Deutschland. Wenn Deutschland sich in Fragen der Regulierung nicht bewege, werde man in der EU keine schnellere Marktöffnung durchsetzen können. Niemand wolle große Behörden schaffen. Wenn man aber Wettbewerb über die Grenzen hinweg wolle, müsse man die Bedingungen, unter denen dieser Wettbewerb stattfinden soll, kennen. Die Fraktion beklagte, dass die Verbändevereinbarung nicht rechtsverbindlich sei und bereits gegen sie verstoßen werde.
Die F.D.P. argwöhnte, dass nicht nur Frankreich, sondern auch Deutschland die Liberalisierung auf die lange Bank schieben wolle. Es gebe die Sorge, dass bestimmte Absprachen die Liberalisierung zurückwerfen könnten. Anstatt über eine neue Behörde zu diskutieren, sei zu überlegen, ob das Kartellamt richtig ausgestattet sei. Die Fraktion bezeichnete es als verhängnisvoll, wenn überall sektorspezifische Regulierungsbehörden errichtet würden.
Die PDS-Fraktion beschrieb die Auseinandersetzungen auf dem Stromsektor als einen "müden Aufgalopp" dessen, was zu erwarten sei, wenn es zu einer Verbändevereinbarung auf dem Gassektor komme. Die Abgeordneten kündigten darüber hinaus an, eine Novelle zum Energiewirtschaftsgesetz vorzulegen.