VORSCHLAG FÜR EIN EINFACHERES EINKOMMENSTEUERRECHT
"Karlsruher Entwurf" beeindruckt die Abgeordneten des Finanzausschusses
(fi) Auf großes Interesse, zum Teil sogar auf begeisterte Zustimmung ist der so genannte "Karlsruher Entwurf" des Arbeitskreises Einkommensteuerrecht unter Leitung des früheren Verfassungsrichters Professor Paul Kirchhof im Finanzausschuss gestoßen. Das elfköpfige Gremium, darunter die Steuerexperten Professor Hans-Wolfgang Arndt und Professor Peter Bareis, präsentierte am 9. Mai einen Entwurf zur Reform des Einkommensteuergesetzes. Ziel sei es, so Kirchhof, das Einkommensteuergesetz grundlegend zu vereinfachen und Steuerlasten gleichmäßiger zu verteilen.
|
|||||||||
Steuerexperten unter sich (von links):
Oberfinanzpräsident a.D. Klaus Altehoefer, die Professoren
Peter Bareis und Hans-Wolfgang Arndt, Finanzausschuss-Vorsitzende
Christine Scheel (Bündnis 90/Die Grünen) und
Verfassungsrichter a.D. Professor Paul Kirchhof. |
Regeln statt Ausnahmen sollten das Gesetz nach Meinung des Arbeitskreises dominieren, betonte der frühere Verfassungsrichter. Entsprechend umfasst der Karlsruher Entwurf auch nur noch 21 Paragrafen. Kirchhof sagte, das Regelwerk verspreche Haushaltsneutralität, wobei es allerdings zu Verschiebungen unter den Steuerpflichtigen kommen würde.
"Der große Wurf"
Ein Einkommensteuertarif mit einem Eingangssatz von 15 Prozent ab 16.000 DM, einem Spitzensatz von 35 Prozent ab 70.000 DM und ein "Menschen"-Grundfreibetrag von 16.000 DM sowohl für Erwachsene als auch für Kinder sind Eckpunkte des Vorschlags, der aus den Reihen der CDU/CSU-Fraktion als der lang ersehnte "große Wurf" begrüßt wurde.Die Zahl der Einkunftsarten solle auf eine reduziert werden, was zur Folge hätte, dass es mangels "gewerblicher Einkünfte" auch keine Gewerbesteuer mehr gäbe.
Man wolle dem Einkommensteuerrecht seine Hauptfunktion zurückgeben, dem Staat Einnahmen zu verschaffen, und auf die Lenkungsfunktionen steuerlicher Regelungen verzichten, betonte Kirchhof. Deshalb gebe es keine Ausnahmetatbestände und "Schlupflöcher" mehr. Die Kürze des Gesetzes würde nach den Worten des früheren Verfassungsrichters bedingen, dass Details in Rechtsverordnungen, gegebenenfalls unter Parlamentsvorbehalt, geregelt werden.
Gerechte Verteilung beachten
Dies nahmen Abgeordnete aus den Koalitionsfraktionen zum Anlass, die "Streitanfälligkeit" eines solchen Vorgehens zu hinterfragen. Möglicherweise wäre die angekündigte Vereinfachung für den Steuerbürger damit gar nicht gegeben, hieß es aus der SPD, die auch vor allem die Frage der Verteilungsgerechtigkeit in den Vordergrund rückte.
Die Union sprach von einer "Riesenchance", die jetzt ergriffen werden sollte. Begeistert von dem Vorschlag, auf alle Lenkungsnormen zu verzichten, zeigte sich die F.D.P. Auch die PDS fand vieles in dem Entwurf "zustimmungswürdig". Der Ausschuss einigte sich, das Konzept in einer "zweiten Runde" erneut zu erörtern.