SONDERAUSSCHUSS "MASSSTÄBEGESETZ/FINANZAUSGLEICHSGESETZ"
Bundesregierung will die Eckpunkte des neuen Finanzausgleichs bald vorlegen
(fi) Die Bundesregierung hat am 1. Juni im Sonderausschuss "Maßstäbegesetz/Finanzausgleichsgesetz" zugesagt, noch vor der Verabschiedung des von ihr eingebrachten Entwurfs für ein Maßstäbegesetz ( 14/5951, 14/5971) Eckpunkte für die künftige Ausgestaltung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs vorzulegen. Das Gesetz soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden.
Die Regierung kündigte an, den Entwurf des neuen Finanzausgleichsgesetzes, das nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auf dem Maßstäbegesetz aufbauen soll, im Sommer zu erarbeiten, so dass es im frühen Herbst dem Parlament zugeleitet werden könne. Einen "Blindflug", wie vor allem von Seiten der Bundesländer befürchtet, werde es daher nicht geben.
Die CDU/CSU-Fraktion forderte in der Sitzung nachdrücklich, dass der Regierungsentwurf des Finanzausgleichsgesetzes im Parlament eingebracht werden müsse, bevor die Entscheidung über das Maßstäbegesetz fällt. Sie bezog sich dabei auf das Ergebnis einer Sachverständigenanhörung am 22. Mai im Ausschuss. Diese habe den Tenor gehabt, dass das Maßstäbegesetz nicht isoliert verabschiedet werden könne, sondern dass beide Gesetze "in enger Verzahnung" beraten werden sollten.
Zweistufiges Verfahren
Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil vom 11. November 1999 ein zweistufiges Verfahren vorgegeben, wonach zunächst allgemeine Maßstäbe für die Finanzverteilung im Bundesstaat festgelegt werden sollten, auf das in einem zweiten Schritt ein konkretes Finanzausgleichsgesetz folgen sollte.
Die Union hielt der Regierung vor, mit ihrem geplanten Vorgehen interpretiere sie die Vorgaben des Gerichts nicht schlüssig. Dem Ausschuss würden wichtige Beratungsgrundlagen verweigert, wenn er über die Auswirkungen eines Gesetzbeschlusses nicht ausreichend informiert werde. Die Regierung wies ausdrücklich zurück, dass sie dem Ausschuss Informationen verweigere und betonte, sie interpretiere das Urteil anders und halte an der Zweistufigkeit des Verfahrens fest. Im Übrigen vertrat sie die Auffassung, dass der Regierungsentwurf in der Anhörung weitgehend bestätigt worden sei und damit eine gute Grundlage für einen Kompromiss mit den Ländern darstelle.
Stabilitätskriterien beachten
Die Sozialdemokraten betonten, es komme darauf an, "Verfassungsfestigkeit" zu garantieren. Sie regten zudem an, sich über Eigenbehalte und Anreizfunktionen noch einmal Gedanken zu machen, um keine "neue Flanke" für künftige Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht zu liefern. Ebenso sei zu erörtern, wie die Stabilitätskriterien des Maastricht-Vertrages aufgenommen werden könnten.
Mit Blick auf die Maastricht-Kriterien betonten Bündnis 90/Die Grünen, es sei dafür zu sorgen, dass alle staatlichen Ebenen, also auch die Länder und die Kommunen, zur gesamtstaatlichen Konsolidierung beitragen. Die Fraktion wies zudem darauf hin, dass die Mehrheit der Sachverständigen in der Anhörung die von der Regierung favorisierte hundertprozentige Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft in den Finanzausgleich befürwortet habe. Es gelte, das Fiskalinteresse des Bundes zu verteidigen.
Die F.D.P. zog das Resümee, die vom Verfassungsgericht gestellte Aufgabe sei schwer gewesen, aber nicht brillant erfüllt worden. Der Regierungsentwurf schwanke zwischen "hohler Abstraktheit" durch Übernahme von Textpassagen des Urteils und des Grundgesetzes und "ungeheuerer Konkretheit", etwa bei der Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft. Nach Auffassung der PDS ist die Entwicklung zu einem Wettbewerbsföderalismus ausgeschlossen, da das Grundgesetz ein "solidarisches Ausgleichssystem" vorgebe.
Die vom Gericht geforderte Zweistufigkeit des Verfahrens haben Wissenschaftler in der Anhörung als "schwierige Aufgabe" bezeichnet. So argumentierte Professor Joachim Wieland (Frankfurt am Main), das Gericht sei der "Fehlvorstellung" gefolgt, man könne beide Materien voneinander trennen. Ulrich Häde (Frankfurt an der Oder) erklärte, da es an der Konkretisierung fehle, könne dieses Gesetz keine Bindungswirkung entfalten. Auch Professor Rudolf Wendt (Saarbrücken) rief dazu auf, die Maßstäbe für die künftige Finanzverteilung konkreter zu formulieren. Die finanziellen Folgen müssten "im Kern" abschätzbar sein.
Bewertungsprobleme ungelöst
Eine weitere harte Nuss hat das Gericht aus Expertensicht dem Gesetzgeber bei der Festlegung dessen zu knacken gegeben, was "notwendige Ausgaben" und "laufende Einnahmen" sind. Professor Helga Pollak, Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesfinanzministerium, hielt es für "unmöglich", dies abschließend aufzuzählen. Nach Ansicht von Professor Stefan Korioth (München) konnten die mit diesen beiden Begriffen verbundenen Bewertungsprobleme bislang nicht gelöst werden. Ulrich Mohn (Deutscher Städte- und Gemeindebund) trat dafür ein, bei der Deckungsquotenberechnung (Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben) im Zuge der vertikalen Umsatzsteuerverteilung keine "strenge Mechanik" anzuwenden, sondern mehr Billigkeitsgesichtspunkte zuzulassen.