GESETZ VERABSCHIEDET
Rechtliche und soziale Situation von Prostituierten soll verbessert werden
(fa) Auf Empfehlung des Familienausschusses ( 14/7174) hat der Bundestag am 19. Oktober den Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation der Prostituierten ( 14/5958) in der vom Ausschuss geänderten Fassung angenommen.
Danach sollen Prostituierte künftig Anspruch auf das vereinbarte Entgelt haben und das auch einklagen können, nachdem eine solche Vereinbarung nicht mehr gegen die guten Sitten verstößt. Darüber hinaus sollen sie Zugang zu den Sozialversicherungssystemen erhalten. Hierzu erfolgte im Ausschuss eine Klarstellung, der zufolge das eingeschränkte Weisungsrecht im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit der Annahme einer Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts nicht entgegensteht. Auch soll die Schaffung von Arbeitsplätzen für Prostituierte sowie die reine Vermittlung freiwilligen sexuellen Verkehrs künftig nicht mehr strafrechtlich sanktioniert sein. Klargestellt wurde, dass die Vermittlung nur strafbar bleibt, wenn sie die persönliche oder wirtschaftliche Bewegungsfreiheit beeinträchtigt. Ferner wurde eine Koalitionsentschließung angenommen, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, über die Auswirkungen der neuen Rechtslage nach Ablauf von drei Jahren zu berichten. Ebenfalls angenommen wurde eine Entschließung der FDP, wonach die Regierung mit den Bundesländern im Lichte der Abschaffung der Sittenwidrigkeit prüfen soll, inwieweit die Paragrafen zum Werbeverbot und zur Sperrbezirksverordnung im Ordnungswidrigkeitengesetz noch notwendig sind.
Nach Ansicht der SPD bedeutet der Gesetzentwurf in der Geschichte der Rechtspolitik einen Schritt weiter nach vorn. Auch Bündnis 90/Die Grünen gaben sich überzeugt, damit einen "sehr großen Durchbruch" erreicht zu haben. Es existierten jetzt keine Strafvorschriften mehr, die freiwillige Prostitution unter Strafe stellen. Dagegen lehnte die CDU/CSU den Gesetzentwurf ab und nannte ihn "widersprüchlich". Sie wandte sich gegen die Abschaffung der Sittenwidrigkeit und bekräftigte ihre Auffassung, das Angebot des eigenen Körpers sei nicht vereinbar mit ihrem Menschenbild und der Menschenwürde. Ferner sprach sie sich gegen die Streichung der Vorschrift im Strafgesetzbuch aus, der die Schaffung günstiger Arbeitsbedingungen für Prostituierte unter Strafe stellt. Ihre Änderungsanträge fanden jedoch keine Mehrheit. Die FDP betonte, es finde eine "Entdiskriminierung" von Prostitution statt, der Gesetzentwurf umfasse aber nur eine ganz kleine Gruppe von Betroffenen. Nach Meinung der PDS werde mit dem Koalitionsentwurf "nicht mehr als der kleinstmögliche Schritt" getan. Dagegen würde mit dem von ihr eingebrachten Gesetzentwurf zur beruflichen Gleichstellung von Prostituierten ( 14/4456) deren rechtliche Diskriminierung vollständig beseitigt. Der Entwurf fand im Ausschuss keine Mehrheit. Das Plenum hat die Ablehnung bestätigt.