Vermittlungsausschuss hat die Arbeit aufgenommen
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Sitzungssaal des Vermittlungsausschusses im Bundesratsgebäude.
Auch der Vermittlungsausschuss hat seine Arbeit aufgenommen – allerdings in einer umstrittenen Zusammensetzung. Das letzte Wort hierüber wird das Verfassungsgericht in einem Hauptsacheverfahren haben. Einstweilen lehnten es die Richter in einem Eilverfahren ab, die von der Koalition gewollte Besetzung schon jetzt außer Kraft zu setzen oder aber endgültig zu bestätigen. Der Ausschuss ist also vorerst arbeitsfähig.
16 Mitglieder entsendet der Bundesrat – jedes Bundesland eines. 16 Mitglieder entsendet auf der anderen Seite auch der Bundestag, und zwar im Verhältnis der Fraktionsstärken zueinander. Und darum dreht sich der Kern des Streites. Denn nach dem für die ständigen Ausschüsse des Bundestages angewendeten Umrechnungsverfahren wären je sieben Plätze auf die SPD und die Union entfallen und je einer auf die FDP und Bündnis ‘90/Die Grünen. Die Opposition empfindet dies als Widerspiegelung der äußerst knappen Mehrheitsverhältnisse im Plenum. Die Koalition hingegen argumentiert, dass sich letztlich die – wenn auch knappe – Mehrheit im Bundestag auch im Vermittlungsausschuss wiederfinden müsse und setzte durch, dass die SPD acht Vertreter entsendet, die Union aber nur sechs.
Dem Vermittlungsausschuss wächst immer dann eine wesentliche Bedeutung zu, wenn sich die Mehrheitsverhältnisse in der Länderkammer von der im Bundesparlament unterscheiden. Denn die Bundesgesetzgebung sieht stets die Beteiligung auch der Ländervertretung vor. Vorhaben der Bundestagsmehrheit können von einer Bundesratsmehrheit gestoppt werden. Bei Gesetzen, die die Rechte der Länder berühren, ist eine Zustimmung des Bundesrates zwingend notwendig. Kommt diese im ersten Anlauf nicht zu Stande, können Bundestag oder Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anrufen, wo nach einem Kompromiss gesucht wird. Bei erneuten Abstimmungen kann sich der Ausschuss auf einen Vorschlag einigen. Dieser muss im Bundesrat mehrheitsfähig sein. In solchen Fällen sind die Mehrheitsverhältnisse im Vermittlungsausschuss für den Gang des Verfahrens relativ belanglos: Entscheidend ist, dass ohne einen echten Kompromiss nichts mehr läuft.
Anders verhält es sich bei Bundesgesetzen, die nicht in die Rechte der Länder eingreifen und daher vom Bundesrat lediglich mit einem Einspruch vorübergehend angehalten werden können. Ruft die Länderkammer in diesen Fällen den Vermittlungsausschuss an, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder schlägt der Vermittlungsausschuss Änderungen vor oder er bestätigt das Gesetz. Im ersten Fall muss der Bundestag die vorgeschlagenen Änderungen beschließen und anschließend kann der Bundesrat entscheiden, ob er einen Einspruch einlegt. Einen solchen Einspruch könnte der Bundestag in der Regel mit der Kanzlermehrheit überstimmen. Dann ist das Gesetz sofort beschlossen.
Für den Fall, dass der Vermittlungsausschuss den Gesetzesvorschlag bestätigt, braucht sich der Bundestag vor Entscheidung des Bundesrates über einen Einspruch nicht erneut mit der Vorlage zu befassen. Nur wenn die Länderkammer einen Einspruch beschließt, geht die Vorlage erneut in den Bundestag. Wenn die Regierungskoalition also über eine Mehrheit im Vermittlungsausschuss verfügt, dann kann sie mit einem Bestätigungsbeschluss im Vermittlungsausschuss das Gesetzgebungsverfahren zügig abwickeln. Besteht im Vermittlungsausschuss aber eine Pattsituation, so gibt es keine Mehrheit für einen Bestätigungsbeschluss. Um das Vermittlungsverfahren in diesem Fall abzuschließen, bedarf es dreier ergebnisloser Sitzungen.
Text: Gregor Mayntz