Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat in einem am 9. Juli veröffentlichten Rechtsgutachten die von Israel gebaute Sperranlage im Westjordanland als illegal bezeichnet. Israel verstoße mit diesem Bauwerk gegen internationales Recht und verletze außerdem zahlreiche Rechte der Palästinenser, wird in dem Urteil festgestellt, das vom Präsidenten des höchsten UN-Gerichts, dem chinesischen Richter Shi Jinyong, verlesen wurde. In dem Text wird betont, dass Israel verpflichtet sei, die Betonmauer im Westjordanland sowie in der Region um Ost-Jerusalem abzureißen und die davon betroffene Bevölkerung zu entschädigen.
Die Richter, die ihr Gutachten mit 14 zu einer Stimme verabschiedeten, unterstrichen darüber hinaus, dass Israel sich mit dem Bau der bisher 200 Kilometer langen Sperranlage nicht auf ein Recht zur Selbstverteidigung berufen könne. Die Gegenstimme zu dem Urteil, das rechtlich nicht bindend ist, kam von dem US-amerikanischen Richter Thomas Buergenthal. Im Dezember 2003 hatte die UN-Generalversammlung den Internationalen Gerichtshof damit beauftragt, ein Gutachten über die juristischen Aspekte der Grenzanlage vorzulegen.
Israel hatte bereits im Vorfeld erklärt, dass es die Zuständigkeit des Gerichtshofes in Den Haag nicht anerkenne. Es sieht den Bau der Mauer als legitimen Schutz vor palästinensischen Terrorattacken an. Im Gegensatz dazu hatte bereits der Oberste Gerichtshof des Landes erklärt, dass die Anlage gegen internationales und humanitäres Recht verstoße.
Der Chefberater von Palästinenserpräsident Jassir Arafat, Nabil Abu Rudaina, nannte den Den Haager Richterspruch einen "großen Sieg". Der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia bezeichnete das Urteil als "historische Entscheidung". Detlev Lücke