Nach seriösen Schätzungen verbringen Angehörige des öffentlichen Dienstes in Bereichen mit viel Publikumsverkehr bis zu 55 Tage im Jahr mit der Beantwortung von Bürgeranfragen, in denen es um die "Übersetzung" eben des Amtsdeutsches in Volkes Sprache geht. Das Problem ist erkannt, die Gefahr damit aber noch längst nicht gebannt, denn unverständliche Behördenschreiben basieren häufig auf komplizierten Formulierungen von Gesetzes- und Verordnungstexten. Diese Schreiben bilden dann die Grundlage für weitere Folgedokumente. Entscheidend ist daher, so die Überzeugung des CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Fuchs, dass bereits im Gesetzes- und Verordnungstext eine einfache Sprache benutzt wird. Leitfäden für ein verständliches Deutsch auch in den Amtstuben gibt es zwar, doch das reicht Michael Fuchs nicht. Eine verständliche Sprache sei ein wichtiger Beitrag zum Bürokratieabbau und zu mehr Bürgerfreundlichkeit, sagt er, die Sprache müsse klar, eindeutig und leicht sein. Formulare und Schreiben, die kurz und knapp formuliert seien, könnten schneller bearbeitet werden, Behördengänge würden dadurch einfacher. Um diesem Ziel näher zu kommen, sollten deshalb in den Bundesministerien Pilotprojekte für ein besseres und verständlicheres Deutsch durchgeführt werden. Und schließlich: "Für alle Beschäftigten der Bundesministerien und -behörden muss ein Selbstverpflichtungskatalog erarbeitet werden, damit sich die Behörden beim Verfassen von Gesetzes- und Verordnungstexten einer möglichst leicht verständlichen und nachvollziehbaren Sprache bedienen."
Sehr plastisch verdeutlicht die SPD-Bundestagsabgeordnete Cornelie Sonntag-Wolgast die Notwendigkeit, sich des Problems "Amtsdeutsch" anzunehmen und erinnert sich an ihren Wechsel vom Journalismus in den Deutschen Bundestag, denn hier lernte sie schnell: "Man sagt nicht: ‚Da müssen wir was tun', sondern: ‚Es besteht Handlungsbedarf'. Man sagt nicht: ‚Wir haben uns über diesen Antrag oder Gesetzentwurf gestritten', sondern: ‚Wir haben noch Beratungsbedarf'." In dem Antrag "Rechtssicherheit für dienst- und hochschulrechtlich erlaubte Drittmittelwerbung schaffen" sei unter anderem zu lesen: "Eine solche Lösung des Spannungsverhältnisses zwischen Hochschulrecht und Strafrecht deutet auch der Bundesgerichtshof (BGH St 47, 295) an, indem er ausführt, eine Vorteilsannahme beziehungsweise -gewährung liege dann nicht vor, wenn das von diesen Vorschriften geschützte Rechtsgebiet, nämlich die Sachgerechtigkeit und Nichtkäuflichkeit der Entscheidungen des öffentlichen Dienstes und das Vertrauen der Allgemeinheit in diese Schutzgüter, nicht berührt werden könne." Die ganze deutsche Behäbigkeit, der Hang zur Genauigkeit auf Kosten von Kürze und Transparenz, das Bemühen, auch ja jeden Fallstrick zu vermeiden, prägten diesen Satz. Kritisiert werden solle aber nicht nur das viel gescholtene Amtsdeutsch, sondern die eigene Neigung zum Umständlichen und Unanschaulichen. "Parlamentarier und Minister, Manager, Wissenschaftler, Richter und viele andere, die sich als Meinungsführer in dieser Gesellschaft fühlen, sollten immer wieder das eigene Wort- und Satzbau-Repertoire entrümpeln", ist daher Erkenntnis und Forderung von Cornelie Wolgast-Sonntag. Einerseits gebe es bereits eine Vielzahl von Teilschritten zur Entbürokratisierung, zu der auch dieser Komplex gehöre, doch gleichzeitig existiere auch eine Gegenkraft, an der auch die Bürgerinnen und Bürger selbst beteiligt seien. Als Kundschaft der Verwaltung verlangten sie auf der einen Seite leichte, verständliche Behördenpapiere, andererseits entdeckten sie in dem stark ausgeprägten Regelungswerk immer wieder Lücken, die ihrer Meinung nach geschlossen werden müssten. Doch gerade diese Ergänzungen, Korrekturen, Überarbeitungen und Evaluierungen sorgten dafür, dass die Texte länger, verklausulierter, behäbiger und gewundener würden. Das Amtsdeutsch zu verbessern, sei die Aufgabe aller, ist die Überzeugung der Parlamentarierin, aber: "Wir alle müssen an uns selbst und unserer Ausdrucksweise arbeiten. Manchmal ist es leichter, sich in verquaste Umschreibungen zu flüchten als klar zu sagen, was man meint und will."
"Man kann nur nachvollziehen, was man versteht" - diese Selbstverständlichkeit ruft der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer in Erinnerung und fügt auch gleich hinzu: "Dies ist leider bei Behördenschreiben, Gesetzen und Verordnungen nicht immer gegeben. Selbst Beamte finden ihr Amtsdeutsch oft unverständlich, und trotzdem versenden sie unverdrossen kryptische Mitteilungen, Abkürzungen, ungeklärte Fachbegriffe und verwirrende Querverweise." Damit verursachten sie nicht nur Unverständnis und Verunsicherung bei Bürgern, Unternehmen und in der Verwaltung selbst, sondern dies koste Zeit, Mühen und letztendlich Geld. Amtssprache müsse als ein Dialog gesehen werden, der zu Papier gebracht werde. Wie in einem Gespräch müsse man sich in den Gesprächspartner hineinversetzen und überlegen, wie man am besten verstanden werde. Angestellte verstünden sich oft im persönlichen Gespräch als Vermittler zwischen Amt und Bürger. Das, was hier meist sehr gut funktioniere, müsse auf Formulare und Texte übertragen werden: Wenn wir erreichen, dass verständliche Formulare den Gang zum Amt oder den Griff zum Telefonhörer reduzieren oder gar überflüssig machen, dann haben wir einen großen Schritt in die richtige Richtung getan", ist Stephan Mayer zuversichtlich.
Eine Regel, die noch Illusion ist, formuliert Karlheinz Guttmacher: "Der Gesetzgeber soll denken wie ein Philosoph, aber reden wie ein Bauer." Im Petitionsausschuss, dem der FDP-Bundestagsabgeordnete angehört, scheint diese Erkenntnis weitgehend umgesetzt, denn Rückfragen, dass sich dieser Ausschuss in seinen jährlich mehr als 50.000 ausgehenden Schreiben unverständlich ausgedrückt haben solle, hielten sich in Grenzen. Dennoch sei gerade der Petitionsausschuss als Schnittstelle zwischen Parlament, Staat und Bürger ständig damit konfrontiert, sich in jeder Eingabe auf die Position und Sichtweise der Petenten einzulassen. Er müsse seine Entscheidungsfindung in einer allgemein verständlichen Sprache und nicht im Amtsstubendeutsch vermitteln. In einem ständigen bemühen werde hier das Beste versucht, wenngleich klar sei, dass sein Idealzustand sicher nicht erreicht werden könne. Karlheinz Guttmachers Resümee: "Es ist wichtig, moderne Dienstleistungen nicht nur in einer technisch fortschrittlichen Art und Weise anzubieten, sondern auch auf die Verständlichkeit und Effizienz des Angebots zu achten - dann haben alle Beteiligten ihren Nutzen davon."