Yael ist eine junge jüdische Frau von 22 Jahren. Sie lebt in Maale Adumim, der größten israelischen Siedlung im Westjordanland, vor den Toren Jerusalems.
Wenn Yael in Richtung Westen blickt, dort wo Jerusalem liegt, dann denkt sie daran, dass es doch gut wäre, wenn es noch mehrere Siedlungen in dieser Richtung gäbe. "Ich glaube, das Land gehört uns", sagt sie, "den Juden und den Israelis". Das Land, über das ihr Blick schweift, gehört zum sogenannten "E1-Gebiet" - einer Gegend, in der nach internationaler Auffassung kein weiterer Siedlungsbau erfolgen sollte. Yael selbst ist in Maale Adumim geboren. Ihre Familie zog 1977 dort hin, wenige Jahre nach dem Beginn des Siedlungsbaus. Zu Anfang standen nur wenige Häuser in der kargen Landschaft. Heute ist Maale Adumim eine Stadt, in der rund 32.000 Menschen wohnen.
Manchmal, wenn Yael abends durch die arabischen Dörfer nach Hause zu ihrer Siedlung fährt, hat sie Angst. Obwohl es bei ihr, wie sie sagt, sicherer sei als in anderen, kleineren Siedlungen rund um Bethlehem. Passiert sei ihr noch nie etwas. Aber die Angst ist ihr Begleiter. Sie lebt damit und sagt das, was man oft hört in Israel: "Wir können uns nicht vom Terror bestimmen lassen. Wenn ein Bus explodiert, muss man wieder mit dem Bus fahren."
Yaels Familie kommt aus Osteuropa, ist aber bereits vor dem Holocaust nach Israel ausgewandert. Zwei ältere Schwestern und zwei jüngere Brüder hat die 22-Jährige. Sie alle besuchten die Schule in Maale Adumim; auch danach gehen sie ähnliche Wege: zunächst folgt der Militärdienst, dann das Studium auf dem College.
In dieser Woche wird auch Yael ihr Studium der Psychobiologie an der Hebrew Universität in Jerusalem beginnen. Vielleicht, so meint sie, lernt sie dort Palästinenser kennen. "Aber das sind dann arabische Israelis - keine Palästinenser." Yael hat keinen Kontakt zur palästinensischen Seite. Aus ihrer Sicht sind die Palästinenser ein "Problem", allein durch ihre Anwesenheit. "Was sollen wir noch tun?", fragt sie. "Wir haben Gaza zurückgegeben. Wir sind vorwärts gegangen, ohne den Frieden zurückzubekommen." Weitere Siedlungen könne man unter diesen Umständen nicht abgeben.
Bei der Räumung des Gazagebiets war sie mit anderen Jugendlichen vor Ort. Yael ist Mitglied der internationalen religiösen Jugendbewegung Bnei Akiva. Sie demonstrierte gegen den Abzug der Siedler, aber sie versuchte nicht wie andere in die Siedlungen zu gelangen. Das zu betonen, ist ihr wichtig. "Ich glaube an die Siedlungen, aber ich akzeptiere auch die Entscheidung der Regierung."
Yael kann sich vorstellen, überall in Israel zu leben, egal ob in einer Siedlung oder in einer Stadt. Doch Israel verlassen, das will sie nicht. Wohin der Bau der Mauer in Jerusalem führen soll? Was sie über die Zukunft denkt? Sie wolle die Palästinenser nicht absichtlich verletzten, sagt sie. Aber wenn es der Sicherheit diene, sei es gut. Und sie fügt hinzu: "Es gibt so viele verschiedene Ansichten in der israelischen Gesellschaft. Wenn es eine einfache Lösung gäbe, hätten wir sie schon gefunden!"