Der CDU-Abgeordnete Holger Haibach hat das politisch Machbare im Blick: Er ist ein Mensch mit einem ausgeprägten Realitätssinn. Zu Beginn seiner zweiten Legislaturperiode bringt es der zurückhaltend wirkende Politiker ("Ich lasse mich nur selten aus der Ruhe bringen.") in einem Kurzresümee seiner bisherigen parlamentarischen Erfahrungen im Gespräch mit "Das Parlament" so auf den Punkt: "Aus meiner Sicht ist es wichtig, sich nicht der Illusion hinzugeben, man könne - auch noch als neuer Abgeordneter - die Welt verändern. Aber für seine eigene Heimat, für den eigenen Wahlkreis und seine Bürger kann man schon einiges erreichen. Außerdem kann man, wenn man sich auf Themen spezialisiert, durchaus auch die politischen Leitlinien der eigenen Fraktion mitbestimmen und Sachthemen voranbringen."
Insofern fällt sein Urteil zu Beginn der neuen Legislaturperiode durchaus positiv aus. Der 34-jährige Hesse, der immer noch Mitglied im Gemeinderat Weilrod ist, weil ihm "die kommunalpolitische Tätigkeit sehr viel Spaß macht und auch eine wichtige Voraussetzung dafür ist, nicht ,abzuheben' und sich mit der Entwicklung der eigenen Heimat zu beschäftigen", hat sich auf das Politikfeld "Menschenrechte und humanitäre Hilfe" spezialisiert. Er ist seit Beginn dieser Wahlperiode stellvertretender Vorsitzender des entsprechenden Bundestagsausschuss. Da dort die Situation der Menschenrechte weltweit im Zentrum steht, sind Überschneidungen mit seiner Arbeit als stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss keine Seltenheit und er profitiert so auch von Synergieeffekten. "Man kann aus dem einen Amt viel für das andere lernen", so Haibach.
Das Bundestagsgremium ist kein klassischer Gesetzgebungsausschuss. Aus Haibachs Sicht sorgt es dafür, dass "menschenrechtliche und humanitäre Themen auf die Agenda kommen und dass die Bundesregierung und die Politik insgesamt die Einhaltung, den Schutz und die Wahrung der Menschenrechte zu einer ihrer wichtigsten Aufgaben machen". Er weiß, dass er als deutscher Parlamentarier privilegiert ist. "Privilegiert, weil wir frei von Angst vor Verfolgung unsere politischen Überzeugungen äußern können, weil wir uns frei überall auf der Welt bewegen können. Daraus erwächst für mich die Verpflichtung, dass wir, soweit es in unserer Macht steht, für die Menschenrechte eintreten." Das passiere auf vielfältige Art und Weise. "Wir bestärken die Bundesregierung in ihrer Tätigkeit, üben auch bisweilen Druck aus, geben Nichtregierungsorganisationen und auch Dissidenten und auch Menschenrechtsverteidigern eine Plattform, um ihre Anliegen darzustellen, nehmen auf Gesetzgebungsverfahren Einfluss und arbeiten auch beim Menschenrechtsschutz in internationalen Gremien wie der UNO, der EU und dem Europarat mit."
Und welche Chancen sieht Haibach, wenn es um die Wirksamkeit des aktuell diskutierten Menschenrechtsrats der UN geht? "Die wichtigste Frage ist die, dass ein solches Gremium nur dann glaubwürdig sein wird, wenn die internationale Staatengemeinschaft ohne Rücksicht auf Größe und Ansehen einer Nation bereit ist - auch ohne mit zweierlei Maß zu messen - Menschenrechte weltweit zu wahren. Das mag banal klingen, ist es aber nicht", so der Politiker. Derzeit kranke die internationale Menschenrechtsdebatte daran, dass sie von vielen Menschen außerhalb der "westlichen Welt" als Versuch des Westens wahrgenommen werde, dem Rest auf dem Erdball seine Werte zu oktroyieren. Diesem Eindruck könne nur durch glaubwürdiges Handeln - also eben auch durch Kehren vor der eignen Haustür - entgegengewirkt werden. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien, müssten die richtigen Strukturen implementiert werden: Kriterien für die Mitgliedschaft, Größe des Gremiums, Mittel zur Durchsetzung von Menschenrechten und zur Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen, meint der Abgeordnete.
Um für das internationale Politikfeld fundiert präpariert zu sein, pflegt Haibach auch im Wahlkreis ein gutes Verhältnis mit vielen Organisationen und Vereinen, die sich für Menschenrechte einsetzen. "Sie geben mir viele wichtige Anregungen für meine Arbeit in Berlin." Und er reist, um auch abseits großer medialer Bühnen als Bundestagsabgeordneter auf diesem schwierigen Politikfeld anderen seine Sicht vorzutragen. So hielt er vor ein paar Tagen anlässlich der Vorstellung eines Trainingshandbuchs für Bürgerrechte und politische Menschenrechte bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Amman/Jordanien vor Studenten einen Vortrag über "Menschenrechte und internationale Beziehungen". Die Konrad-Adenauer-Stiftung arbeitet mit dem Zentrum für Menschenrechte in Jordanien zusammen.
Politik reizte den Hessen offenbar immer schon mehr, als zu unterrichten. Haibach studierte zwar die Fächer Latein, Geschichte und Altgriechisch für das Lehramt, übte den Beruf aber nicht aus. Stattdessen ergriff er die Gelegenheit beim Schopf, sein Hobby zum Beruf zu machen. Bevor er in den Bundestag einzog, sammelte er ab 1999 als Büroleiter und Persönlicher Referent von Landrat Jürgen Banzer (Hochtaunuskreis) in der praktischen Politik weitere Erfahrung - natürlich da nur aus der zweiten Reihe. Wenn es brennt - und das nicht nur in der Politik - will er präpariert sein. Seit 1994 arbeitet er im Vorstand der Freiwilligen Feuerwehr Rod an der Weil. 2001 bis 2002 leitete er einen Ausschuss zur Erstellung eines Feuerwehrbedarfsplanes für die Gemeinde Weilrod. Das Ehrenamt in der Feuerwehr hat er bis heute nicht aufgegeben.
Denn Haibach ist davon überzeugt, dass es für ihn als Abgeordneten wichtig ist, in der Heimat fest eingebunden zu sein, genauso wie bei Freunden und in der Familie. Er ist verheiratet und genießt es, in der knappen Freizeit für Freunde zu kochen oder auch mal ein gutes Buch zu lesen, um sich zu entspannen. Dabei verwundert es kaum, dass ein Hesse eine Vorliebe für heimische Getränke wie Apfelwein oder Rheingauer Riesling hegt und den Spezialitäten der regionalen Küche viel abgewinnen kann. Aber selbstverständlich schaut er auch gern über die Grenzen seiner hessischen Heimat.
Er sei ein guter Zuhörer, unterstreicht er. Dass er fleißig ist und sich schnell auf neue Themen einzustellen weiß, schätzen Menschen, die mit ihm arbeiten. Dabei ist für ihn wichtig, stets die Meinung anderer zu respektieren. Hierzu passt seine Definition von guter Politik, die für ihn auch wegweisend ist: "Gute Politik achtet auf und achtet die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger, redet ihnen aber nicht nach dem Mund. Sie ist von festen Grundsätzen und Werten getragen und ist dennoch flexibel genug, sich auf neue Gegebenheiten einzustellen, ohne das Fähnchen in den Wind zu hängen." Natürlich sieht Haibach auch die Grenzen der politischen Einflussnahme: "Gute Politik schätzt ihre Möglichkeiten richtig ein und versucht auch nicht zu vermitteln, dass sie Dinge bewegen kann, zu denen sie nicht in der Lage ist. Das heißt: Sie überschätzt und sie unterschätzt sich nicht." Da spricht nicht nur ein Realist, sondern auch ein Idealist. Aber das eine muss das andere nicht ausschließen.
Im Internet: www.holger-haibach.de