Das Parlament: In den vergangenen Monaten hat es in Afghanistan vermehrt Selbstmordanschläge gegeben. Die Situation im Süden des Landes hat sich zugespitzt. Warum ist die Lage weiter instabil?
Rangin Dadfar: Spanta Es gibt Terroristen, die einzeln oder als kleine Gruppierungen hierher kommen, Attentate verüben und sich dann in ihre sicheren Horte zurückziehen. Diese Rückzugsgebiete liegen nicht in Afghanistan, sondern im Hinterland.
Das Parlament: Sie meinen Pakistan?
Rangin Dadfar: Spanta Ich will kein bestimmtes Land nennen, aber es gibt Ausbildungsstätten. Die Terroristen werden dort bewaffnet und verfügen über moderne Kommunikationsmittel. Terrorismusbekämpfung ist aber nicht nur eine militärische Aufgabe, sondern auch eine Frage der wirtschaftlichen Entwicklung.
Das Parlament: Wird sich die Lage der deutschen Soldaten verschärfen?
Rangin Dadfar : Spanta Die Bundeswehrsoldaten sind im Norden des Landes stationiert. Der Norden ist sehr sicher. Die Probleme liegen im Süden und Osten. Dass die Terror-Attacken dort in den nächsten Monaten zunehmen werden, ist wahrscheinlich. Aber wir haben Gegenmaßnahmen getroffen. Die afghanische Polizei und das Militär sind verstärkt worden. Es ist jedenfalls falsch von einer ,Irakisierung' des Konflikts zu reden. Das trifft nicht zu. Es gibt im Übrigen einen qualitativen Unterschied zum Irak: Die Anwesenheit amerikanischer und ausländischer Truppen wird von der afghanischen Bevölkerung in ihrer überwiegenden Mehrheit befürwortet. Wichtig ist, überall die Ausbildungsstätten des Terrors zu vernichten. Wenn das nicht geschieht, werden wir weiterhin Terror hier oder in Washington und New York haben.
Das Parlament: Ein Teil der internationalen Hilfsgelder kommt nachweislich nicht ans Ziel. Was läuft da falsch?
Rangin Dadfar: Spanta Sowohl die afghanische Seite als auch die Geberländer haben viel zu hohe Erwartungen geweckt. Bei der Bevölkerung ist der Eindruck entstanden, in drei bis vier Jahren wird das hier ein Paradies. Aber Terror, Korruption, Drogen- und Vetternwirtschaft hat man dabei nicht ausreichend einkalkuliert. Das war ein Kardinalfehler. Bisher wurden nur 20 Prozent der gesamten Hilfsleistungen an Afghanistan über die afghanische Regierung abgewickelt. Aber die Geberländer, internationalen Organisationen und NGOs haben die Verteilung der Gelder bisher auch nicht optimal koordiniert und zum Teil die Prioritäten der Bevölkerng nicht richtig erkannt.
Das Parlament: Welche Konsequenzen haben Sie daraus gezogen?
Rangin Dadfar Spanta Ein größerer Teil des Geldes als vorher wird jetzt über afghanische Regierungsinstanzen abgewickelt. Das ist ein Fortschritt, aber keine Garantie. Wir brauchen eine saubere Regierung. Noch herrscht vielfach eine Unkultur der Korruption, unter anderem, weil wir die soziale Sicherheit unserer Beamten nicht gewährleisten können.
Das Parlament: Erwarten Sie bei der Korruptionsbekämpfung und den Beamtengehältern mehr Hilfe der Geberländer?
Rangin Dadfar: Spanta Ja. Das wurde aber noch nicht akzeptiert. Wir erwarten, dass die Gehälter mit ausländischer Hilfe drastisch erhöht werden. Andererseits müssen wir einen schlankeren Staat hier haben. Die Polizei muss schlagkräftiger werden. Wir müssen in der Lage sein, unsere Steuergelder einzunehmen. Eigentlich müssten wir 2 Milliarden Dollar einnehmen. Tatsächlich verfügen wir nur über einen Bruchteil davon.
Das Parlament: Wie sehen Sie den Fall Abdul Rahman?
Rangin Dadfar: Spanta Der Mann war nie wirklich von der Todesstrafe bedroht. Aber wir hatten in Deutschland und in Italien Wahlen, manche fundamentalistische Gruppen aus Amerika hatten ihren Einfluss ausgeübt. Ich bezweifle, wie auch ein Teil der internationalen Gemeinschaft, dass dieser Mann tatsächlich Christ geworden ist. Die Vertretung der Vereinten Nationen bestätigt diese These. Es gab viel Medienpropaganda. Ich denke, der Fall Abdul Rahman war auch eine Art Rache an dem Karikaturenstreit mit zum Teil sehr berechtigten Reaktionen, wie ich fand.
Das Parlament: Weltweit wird die Schließung der Gefängnisse auf Guantanamo gefordert. Wie ist Ihre Haltung?
Rangin Dadfar : Spanta Gerade die Länder, die an Menschrenrechte glauben und sie propagieren, sollten sie selbst auch achten. Als Diplomat sage ich: Die USA sind unser langfristiger strategischer Verbündeter. Da wollen wir uns nicht über Gebühr einmischen. Das müssen die amerikanischen Politiker und Institutionen entscheiden.