Die wirtschaftliche Basis der Städte und Regionen in Europa hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert, und der Prozess des strukturellen Wandels von einer industriellen zu einer "post"-industriellen Wirtschaft ist noch lange nicht abgeschlossen. In diesem Kontext verschwimmen die Grenzen von Produktion, Dienstleistung und Konsum immer mehr, weil neue Technologien ganz neue standort- und zeitunabhängige Produktionsbedingungen ermöglichen. Neue Branchen stoßen in den Stadtregionen Europas in Lücken, welche die weltweite Arbeitsteilung und die Verlagerung industrieller Produktionen in Billiglohnländer hinterlassen.
Eines dieser Segmente ist die Kulturwirtschaft. Zentrale Teilmärkte dieser Branche sind die Darstellende Kunst und Unterhaltungskunst (Theater, Varieté etc.), die Bildende Kunst (Kunst, Design, Architektur etc.), der Buch- und Pressemarkt (Verlage, Buchproduktion etc.), die Musikwirtschaft (Musikveranstalter, Instrumentenbau etc.) und die audio-visuellen Medien (Film, TV, Fotografie, Rundfunk etc.). Die Grenzen dieser Teilmärkte sind unscharf, weil sich das, was "Kultur" ist, kaum eindeutig definieren lässt. Wann ist Literatur nicht mehr Kultur? Wann sind Videoprodukte Kunst, wann nur noch reine Pornographie? Wann werden Designprodukte zu Kitsch-Produkten und fallen aus dem akzeptierten bürgerlichen Kultur-Kanon heraus? Diese Unsicherheiten führen nicht selten dazu, dass in öffentlichen Debatten zu Kultur, Wirtschaft und Raum aneinander vorbeigeredet wird. In der Öffentlichkeit ist die Kulturwirtschaft noch wenig bekannt, was auch auf die Strukturen der meinungsbildenden überregionalen Medien zurückzuführen ist. Das Feuilleton berichtet über Kulturereignisse und nur gelegentlich über wirtschaftliche Schwierigkeiten der kulturellen Infrastruktur in Städten. Im Wirtschaftsteil hingegen spielt Kultur nur selten eine Rolle, meist nur dann, wenn weltweit agierende Buch-, Bild- oder Tonproduzenten ihre Jahresberichte vorlegen oder Musicalfirmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Zu Pressekonferenzen zur Kulturwirtschaft kommt jedenfalls fast immer der Kulturjournalist, nicht der Kollege aus der Wirtschaftsredaktion.
In Städten und Regionen war "Kultur" lange Zeit nicht mehr als ein Faktor, den es bei der Steuerung der Raumentwicklung zu beachten galt; dabei ist unbestritten: Kultur, in welcher engen oder weiten Definition auch immer, ist zu einem in Europa zunehmend wichtigen Standortfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung von Städten und Regionen geworden. Die vielfältigen Dimensionen der Kultur als "Faktor" der Raumentwicklung sind oft beschrieben worden. Nur drei dieser Faktoren seien hier kurz skizziert: Kultur als Identitätsfaktor, Kultur als Imagefaktor und Kultur als Wirtschaftsfaktor.
Kultur schafft Identität: Die Bewohnerinnen und Bewohner einer Stadt oder einer Region identifizieren sich in erster Linie mit dem kulturellen Erbe und den kulturellen Traditionen der Stadt, des Landstrichs oder der Region. Es sind die Bilder von Bauwerken, Stadtansichten und Landschaften, die diese Identität widerspiegeln, es sind aber auch die Ereignisse, die hinter den visuellen Bildern stehen, festgehalten in Geschichten von Menschen, die dort lebten und leben. Sie stiften die lokale oder regionale Identität. Louvre und Eiffelturm sind ebenso lokale Ikonen solcher kultureller Raumbilder wie die Maximilianstraße in München oder das Guggenheim-Museum in Bilbao. Die Internationale Bauausstellung IBA-Emscherpark beispielsweise hat mit Erfolg alte Identitäten im Ruhrgebiet - die Zechen und Stahlwerke - in neue Identitäten umgewandelt.
Kultur prägt das Image: Keine Stadt in Europa verzichtet heute in ihren Marketingstrategien darauf, auf ihre kulturellen Besonderheiten, ihre Architektur, ihre Museen etc. hinzuweisen. Kultur ist zum unverzichtbaren Bestandteil städtischen Marketings geworden. Paris, London und die meisten anderen Städte und Regionen, die über kulturelle Potenziale verfügen - und welche Stadt, welche Region in Europa verfügte über keine -, preisen ihre kulturelle Infrastruktur, ihr kulturelles Milieu und ihre kulturellen Ereignisse, wenn es darum geht, den Standort für Investoren und Institutionen, für qualifizierte Beschäftigte und Touristen attraktiv zu machen. Kulturstädte wie Salzburg, Edinburgh oder Avignon pflegen ihre jährlich wiederkehrenden Traditionsfestivals mit hohem finanziellen Einsatz, weil sie wissen, in welch starkem Maße ihre diversen lokalen Wirtschaften und Arbeitsplätze davon abhängig sind. Und Städte und Regionen, die noch kein Festival von überörtlicher Bedeutung anbieten können, erfinden neue Festivals, um ihre Standortnachteile abzubauen.
Kultur schafft Arbeit: Dass die Kulturwirtschaft für Städte wie Regionen ein zunehmend wichtiger werdender Wirtschaftsfaktor ist, wird inzwischen nicht mehr bestritten. Diese Einschätzung verdankt sie vor allem der breiten Rezeption der seit mehr als zehn Jahren vom Land Nordrhein-Westfalen vorgelegten Kulturwirtschaftsberichte. Auch Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Bremen und Berlin haben zwischenzeitlich das regionale kulturwirtschaftliche Potenzial untersucht. In diesen Studien wird auf das wirtschaftspolitisch sehr vernachlässigte Aktionsfeld aufmerksam gemacht; sie stärken denjenigen den Rücken, die sich alleine vor Ort für kulturwirtschaftliche Initiativen eingesetzt haben.
Maßnahmen zur Stärkung der Kulturwirtschaft bedürfen daher im Großen und Ganzen keiner besonderen Rechtfertigung mehr. Jetzt geht es aber darum, Strategien dafür zu entwickeln, wie die Kulturwirtschaft in Städten und Regionen pragmatisch gefördert werden kann.
Dies kann nicht ohne neue kulturelle Initiativen gelingen, auch nicht ohne die lokalen und regionalen Sektor-Politiken miteinander zu verknüpfen, nicht ohne die Vordenker, Träger und Architekten dieser Politiken davon zu überzeugen, dass die Kulturwirtschaft eine zukunftsorientierte Wirtschaftsbranche für Städte und Regionen in Europa ist. Doch das lässt sich weder durch Gesetze und Verordnungen einklagen noch mittels Subventionen erreichen. Kulturelle Raumentwicklung braucht eine regionale Kulturpolitik mit Maß, die sich an den regionalen Traditionen und Potenzialen orientiert. Sie braucht vor allem auch Menschen, die aus kultureller Betätigung ihr Einkommen beziehen, weil andere Menschen in der Region bzw. Besucherinnen und Besucher, die dorthin kommen, bereit sind, dafür angemessene Preise zu bezahlen. Kultur braucht Einkommen aus kultureller Produktion, sie darf nicht ausschließlich am Tropf des öffentlichen Sektors hängen. Regionale Kultur braucht eine diversifizierte und nachhaltige regionale Kulturwirtschaft, die durch ein Bündel von unterschiedlichen und anderswo erprobten Strategien und Instrumenten, die es inhaltlich zu verknüpfen gilt, zu unterstützen ist. Zehn Handlungsfelderkennzeichnen dieses Bündel:
Informationsgrundlagen schaffen und kulturwirtschaftliche Potenziale erkunden
Die meisten Städte und Regionen kennen ihre kulturwirtschaftlichen Potenziale nicht oder nur bruchstückhaft. Die amtliche Statistik spiegelt in der Regel die Arbeitsplätze und Umsätze in den verschieden Bereichen der Kulturwirtschaft nur unzureichend wider. Sonderauswertungen der kulturwirtschaftlichen Potenziale liegen selten vor. Hinzu kommen die unvermeidbaren Definitions- und Abgrenzungsprobleme. Auch bei Industrie- und Handelskammern wie bei Handwerkskammern liegen zumeist keine Daten vor. Ähnlich sieht es bei den Wirtschaftsförderungsagenturen und Kulturämtern aus; zum einen, weil sie die Kulturwirtschaft nicht für so wichtig wie Bio- oder Mikrostrukturtechnik erachten, zum anderen, weil sie sich nicht legitimiert fühlen, sich damit zu befassen. Dabei ist ohne die Kenntnis der Kulturwirtschaft eine kulturbezogene Regionalentwicklung nicht möglich. Solide und glaubhafte quantitative Informationen über die regionalen Dimensionen und Potenziale der Kulturwirtschaft sind unverzichtbar, wenn es darum geht, kulturwirtschaftliche Cluster zu etablieren und Allianzen für die Förderung der Kulturwirtschaft in einer Region zu schmieden.
Kulturwirtschaftliche Raumbeobachtung etablieren und Wettbewerber beobachten
Sind die regionalen Informationsgrundlagen gelegt und erste kulturwirtschaftsbezogene Initiativen auf den Weg gebracht, gilt es, die wirtschaftliche, kulturelle und städtebauliche Entwicklung kontinuierlich weiter zu verfolgen. Der Verweis auf die festgestellte Dynamik des Sektors macht es leichter, weitere Verbündete zu überzeugen, laufende Initiativen zu unterstützen, auszubauen, zu korrigieren und zu ergänzen - und neue Projekte und Initiativen zu starten. Gleichzeitig empfiehlt es sich, die Wettbewerber in Europa im Auge zu behalten, um von anderen Regionen im europäischen Raum zu lernen, wie diese Kultur für die Regionalentwicklung nutzen. Dabei sind gerade solche - meist altindustrielle Regionen - von Interesse, die überregional nicht als "Kulturregionen" bekannt sind, wie Sheffield, Pittsburgh oder auch die Stadtregionen Lille, Antwerpen oder Lyon.
Botschaften aussenden und Netzwerke bilden
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Kommunikation zwischen Akteuren der Kulturwirtschaft und solchen des Kulturlebens immer noch von erheblichen Missverständnissen geprägt ist. Es muss daher nach wie vor die Botschaft breit kommuniziert werden, dass die Kulturwirtschaft der Kultur nicht schadet. Ebenso gilt es, die Wirtschaftsverbände davon zu überzeugen, dass die Kulturwirtschaft eine für die lokalen Ökonomien wesentliche Branche ist, und nicht etwas, was gesponsert werden soll oder was staatlicher Förderung überlassen werden kann. Die jüngste Begeisterung über die aus den USA importierten "kreativen Industrien" könnte das Umdenken beflügeln. So können regionale und lokale Strategien entwickelt werden, die bestehende Arbeitsplätze sichern oder neue schaffen, denn weder bei der regionalen Tourismusförderung noch bei der zukunftsorientierten Innenstadtpolitik kann auf die Kulturwirtschaft als Branche verzichtet werden. Da die Akteure der Kulturwirtschaft aus vielerlei Gründen bis heute ihre Interessen kaum gemeinsam vertreten, fehlt auch die Lobby, welche die Interessen der Unternehmen in der Öffentlichkeit glaubhaft und machtvoll vertreten könnte, wie es etwa die Straßenbau-Lobby so selbstverständlich tut. Notwendig ist daher der Aufbau von Interessennetzwerken vor Ort bzw. in der Region. Solche Netzwerke von Personen entstehen, wenn es Gelegenheiten zur Kommunikation gibt und wenn sich einzelne, in den jeweiligen Milieus bekannte und anerkannte Persönlichkeiten dafür stark machen.
Erfolgsgeschichten verbreiten
Marketingfachleute wissen, dass nichts erfolgreicher ist als der Erfolg, sie wissen um die mediale Wirkung von Erfolgsgeschichten. In der politischen Arena ist es immer leichter, auf realisierte Projekte hinzuweisen, als neue Prozesse mit unsicherem Ausgang in Gang zu setzen. Erfolgsgeschichten aus anderen Städten regen an, auch wenn sie meist nicht kopiert werden können, weil die Bedingungen vor Ort unterschiedlich sind oder Schlüsselakteure fehlen. Dennoch - die breite Kommunikation erfolgreicher Projekte zur Förderung der regionalen Kulturwirtschaft ist für eine bessere Akzeptanz unverzichtbar. Die regionalen Medien sowie die vielen meinungsbildenden Organe der Wirtschaftsverbände und Wochenjournale haben dabei eine Schlüsselrolle inne. Wichtig ist deshalb die direkte Ansprache der Journalistinnen und Journalisten. Wenn diese ausreichend informiert sind, wenn sie begeistert werden können, dann kommt das Thema voran. Wenn Essen in vier Jahren für das Ruhrgebiet "Kulturhauptstadt Europas 2010" sein wird - dieser Titel ist der Stadt im April dieses Jahres verliehen worden -, ist dies auch eine große Chance für die Kulturwirtschaft in der Region.
Katalytische Projekte initiieren
Erfolgsgeschichten sind wichtig, doch geraten sie schnell in Vergessenheit. Nachhaltiger sind die Erfahrungen, die alle am Gelingen des Projektes beteiligten Personen gemacht haben und mit denen sich innovative kulturwirtschaftliche Projekte auf den Weg bringen lassen. Sie haben insbesondere eine katalytische Funktion, weil sie Akteure aus ganz unterschiedlichen Politik- und Handlungsfeldern zusammenbringen und diese in einem vorgegebenen Zeitrahmen kooperieren müssen. Der Erfolgs- und Zeitdruck ist es, der dazu beiträgt, dass Entscheidungen schneller getroffen und Bedenken zurückgestellt werden, dass Koalitionen eingegangen sowie Feindbilder und Vorurteile abgebaut und neue Finanzierungsmöglichkeiten gefunden werden. Projekte im Handlungsfeld Kulturwirtschaft haben diesen katalytischen Charakter. Sie sind - weit mehr als andere Routineprojekte der Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung - auf motivierte und sachlich interessierte Personen angewiesen und daher weit über die Kulturwirtschaft hinaus Experimentierfelder für eine zukunftsorientierte stadtregionale Wirtschaftsförderung.
Kreative Räume für Experimente und Innovationen offen halten
Stadträume, deren Nutzungen bis zum letzten Quadratmeter definiert und gesetzlich festgelegt sind, lassen wenig Spielräume für Neues, schon gar nicht für Experimente, die auch fehlschlagen können. Jede Stadt braucht Räume, deren Nutzung durch kreative Menschen neu definiert werden kann - es gibt sie in jeder Stadt. In diesem Zusammenhang muss auch die oft kritisierte Gentrifizierung einzelner Stadtquartiere, wie sie in vielen Städten Europas zu beobachten ist, neu bewertet werden. Dabei handelt es sich um einen Prozess, bei dem vom Immobilienmarkt vernachlässigte Quartiere von Migrantinnen und Migranten, Studierenden und Künstlerinnen und Künstlern als preiswerte Wohn- und Arbeitsstandorte entdeckt und wieder in Wert gesetzt werden. Die Räume dienen diesen Gruppen für eine Übergangszeit als Experimentierfeld für soziale und kulturelle Initiativen, bevor sie - nach ihrer Vermarktung durch Stadtmagazine, Werbefotografen etc. - ihre Verborgenheit verlieren und ihre Entdecker aufgrund steigender Mietkosten wieder ausziehen müssen. Wenn politisch gewollt, lassen sich solche Prozesse durch die Lokalisierung von kulturbezogenen Nutzungen und Ausbildungsstätten, durch Ankerprojekte und sozio-kulturelle Zentren an gewünschten Standorten initiieren bzw. beschleunigen. Dies gilt in gleichem Maße auch für ehemalige Industrieflächen oder Hafenareale. Überall in Europa haben solche Brachen die Fantasie von kreativen Planern, Künstlern und Architekten beflügelt und sich für Kultur und Kulturwirtschaft als förderlich erwiesen.
Öffentliche Räume sichern
Auch wenn ein Großteil kulturellen Lebens in privaten Räumen stattfindet, sind für attraktive Städte doch öffentliche Räume die wichtigsten Orte kultureller Produktion und Konsumption. Kulturangebote in einer Shopping Mall können ebenso wenig wie die traditionellen Ausstellungen in der Schalterhalle der Sparkassen öffentliche Räume ersetzen. Solche Räume zu gestalten und ihre Gestaltung mit den privaten Investoren abzustimmen, sie mit Leben füllen zu lassen, das ist die Aufgabe kompetenter und unabhängiger Planer des öffentlichen Sektors. So wie die Straßenquerschnitte des Präfekten von Bordeaux George Eugène Haussmann (1804 - 1891) die Boulevards von Paris geprägt haben, müssen neue Gestaltungsregeln gefunden werden, damit öffentliche Räume nicht zu banalen Restflächen zwischen dekonstruktivistischen Bauten und postmodernen Simulacren verkommen. Öffentliche Räume haben darüber hinaus eine wichtige soziale Funktion in den europäischen Städten der Zukunft, wo die oft beschworenen Face-to-Face-Kontakte stattfinden, wo die Menschen eine Bühne brauchen, wo sie Kommunikationsräume vorfinden, ohne Eintritt zahlen zu müssen. Für Unternehmen der Kulturwirtschaft sind solche öffentlichen Räume unverzichtbar. Sie geben ihnen den kreativen Freiraum, den sie brauchen, um sich zu entfalten und um Aufmerksamkeit zu finden.
Kulturwirtschaftliche Dimensionen in räumliche Leitbilder integrieren
Die Formulierung räumlicher Leitbilder für Städte wie Regionen ist im Rahmen partizipativer Zielfindungsprozesse oder kreativer Zukunftswerkstätten in Deutschland wieder en vogue. Die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen dominiert verständlicherweise diese Leitbilder. Vermehrt werden dabei die Anforderungen innovativer Unternehmen und ihrer Beschäftigten oder auch der Tourismuswirtschaft berücksichtigt. Bei allem spielen lokale und regionale kulturelle Dimensionen eine große Rolle, insbesondere dann, wenn sie sich mit endogenen wirtschaftlichen Dimensionen verknüpfen lassen. Hier liegen die Ansatzpunkte für die Integration der Kulturwirtschaft in räumliche Leitbilder. Sie bilden den Zielrahmen für konkrete lokale und regionale Maßnahmen. Anknüpfungspunkte dafür sind die Kulturlandschaft, die Regionalgeschichte und das regionale Handwerk sowie die materiellen und immateriellen Netze von Waren und Personen, von Erfahrungen und Erinnerungen. Hier lassen sich dann auch Anknüpfungspunkte mit regionalen Kulturentwicklungsplänen oder den in NRW initiierten "Regionalen" finden.
Aus- und Fortbildungsgelegenheiten nutzen und ausbauen
Das mangelnde Interesse vieler Akteure an der Kultur hat auch damit zu tun, dass dieses Themenfeld im modernen Bildungskanon von vielen Schulen und Hochschulen in Deutschland oft nur ein bedauerliches Schattendasein fristet. Das beruht auf sich ändernden gesellschaftlichen Wertesystemen, auf der ausufernden Diversifikation kultureller Angebote ("culture overkill"), aber auch auf dem immer größer werdenden Graben zwischen einer für breite Nutzergruppen leicht konsumierbaren kommerzialisierten Kunst und ihrer immer stärkeren und ohne Vorwissen kaum verständlichen Intellektualisierung.
Während die Nutzung des Wissens von technischen, ökonomischen und medizinischen Hochschulen für die regionale Wirtschaft inzwischen zum Kern jeder Entwicklungsstrategie für die viel propagierte lernende Region gehört, stehen Kunsthochschulen noch immer im regionalen Schatten, weil sie kaum als kreative Laboratorien innovativer Entwicklung post-industrieller Gesellschaften angesehen werden. Aber auch die in der räumlichen Planung tätigen Fachleute werden im Rahmen ihrer Aus- und Fortbildung meist nicht mit der komplexen kulturellen Dimension ihres Handelns vertraut gemacht.
Auf Verbesserung der Rahmenbedingungen pochen
Viele Akteure, die in der Kulturwirtschaft unternehmerisch tätig sind oder denen die Förderung der Kulturwirtschaft am Herzen liegt, wissen um die täglichen Hemmnisse. In den Kulturwirtschaftsberichten des Landes NRW wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass die gesetzlichen, steuerpolitischen Rahmenbedingungen der Kulturwirtschaft verbessert werden müssen, wenn es gelingen soll, ihre Produktionsbedingungen am Standort Deutschland zu optimieren. Solange aber die Kulturwirtschaft als Zukunftsbranche für eine im ökonomischen wie im kulturellen Sinne nachhaltige Raumentwicklung politisch vernachlässigt und von den zersplitterten Interessenverbänden wenig Druck ausgeübt wird, dürfte die Motivation gering sein, die Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen und Betriebe zu verbessern.
Bei den Bemühungen von Städten und Regionen, die Raumentwicklung planvoll zu steuern, spielten die kulturellen Dimensionen in der Regel nur dann eine Rolle, wenn Belange der Denkmalpflege oder der Erhaltung der Kulturlandschaft zu berücksichtigen waren. In den letzten Jahren ist die Kulturwirtschaft immer mehr ins Blickfeld von Planern und Wirtschaftsförderern geraten. Doch sichtbare und politisch anerkannte Erfolge auf diesem kommunalen und regionalen Handlungsfeld lassen sich nur erzielen, wenn Stadtplanerinnen, Wirtschaftsförderer und Kultur- und Freizeitdezernenten vor Ort mit langem Atem kooperieren und dabei von den Bundesländern projektorientierte finanzielle Unterstützung erfahren. Noch wichtiger für erfolgreiche regionale Strategien zur Nutzung und Förderung von Kultur und Kulturwirtschaft für die Raumentwicklung sind jedoch visionäre und engagierte Persönlichkeiten, Wirtschaftsförderer mit Empathie für die Kultur und Verständnis für deren wirtschaftliche Implikationen sowie Partnerinnen und Partner in den Kulturverwaltungen mit ökonomischen und betriebswirtschaftlichen Kompetenzen, welche die Realität der Wirtschaft in einer globalisierten Welt zur Kenntnis nehmen und nicht verdrängen.