Manchmal muss man Antworten für die Gegenwart in der Vergangenheit suchen. Fragen, warum jemand einen starken Gerechtigkeitssinn hat, Interessen bündelt, wo andere spalten, warum jemand auch Attacken standhält, wenn sich bisweilen die eine oder andere Fraktion nicht ausreichend berücksichtigt fühlt, wenn ein einzelner Abgeordneter unbedingt seine Sicht der Dinge durchsetzen will. Monika Jantsch ist Sekretariatsleiterin des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Bundestag. "Manchmal muss man schon aufpassen, dass unser Sekretariat nicht zwischen die Fronten gerät", sagt die Juristin, und man ahnt: Sie weiß, wie man eine solche Situation vermeidet. Die 44-Jährige hat schon früh geübt, wie man vermittelt, ohne sich zu verbiegen. Sie ist eines von sechs Kindern und musste als Zweitälteste häufig auf die kleineren Geschwister aufpassen - darunter auf einen behinderten Jungen. "Das hat mich geprägt und gefördert", sagt sie bescheiden und zugleich selbstsicher.
Als Sekretariatsleiterin ist sie die Managerin des Ausschusses. Sie organisiert die Sitzungen, setzt die Themen in Absprache mit der Ausschussvorsitzenden Kerstin Griese (SPD) auf die Tagesordnung, lädt Sachverständige zu Anhörungen ein, protokolliert die Sitzungen. Monika Jantsch schätzt ihre Arbeit, weil sie genauso wie die Juristerei mit Logik, abstrakten Modellen zu tun hat und doch das Leben der Menschen wirklich beeinflusst. Sie muss den Diskussionsprozess der Abgeordneten - egal ob es sich um Elterngeld, Krippenplätze oder Mehrgenerationenhäuser handelt - in allen Nuancen nachvollziehen und begleiten, denn: "Fast nie verlässt ein Gesetzentwurf einen Ausschuss so, wie er hinein gekommen ist".
Bevor die gebürtige Hessin Sekretariatsleiterin wurde, hatte sie schon in einigen Referaten der Bundestagsverwaltung Erfahrungen gesammelt. Angefangen hat sie im Petitionsausschuss, war dann im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung beschäftigt. In dieser Zeit, zu Beginn der 90er-Jahre, war der Ausschuss vor allem mit der Stasiüberprüfung von ostdeutschen Bundestagsabgeordneten beschäftigt. Ihr prominentester Fall war Gregor Gysi. "Das war für mich eine sehr spannende Zeit", sagt sie heute, 15 Jahre später. "Es war das ständige Bemühen beider Seiten, die Wahrheit zu ergründen", erinnert sie sich und erzählt, dass sie mit Gregor Gysi selbst kaum Kontakt hatte. "Ich wollte mich nicht beeinflussen lassen."
Dass Monika Jantsch genau wie die Ausschussvorsitzende Kerstin Griese selbst keine Kinder hat, empfindet sie in ihrer Arbeit nicht als Nachteil. Ihr Mann brachte vier Kinder mit in die Ehe, mit denen sie zeitweise zusammen lebte.
Ob die Familienpolitik in die richtige Richtung geht? "Ja, sie ist modern", sagt sie. Grundlegende Unterschiede in der Politik der früheren sozialdemokratischen Bundesfamilienministerin Renate Schmidt und ihrer christdemokratischen Nachfolgerin Ursula von der Leyen sieht sie nicht. Das Elterngeld, das jetzt Gesetz ist, hatte Renate Schmidt in der vergangenen Legislaturperiode bereits vorbereitet. Monika Jantsch sieht eine andere Spannungslinie: "Wenn es Brüche gibt, dann verlaufen sie eher zwischen Männern und Frauen." Das sieht man jetzt auch an der Diskussion um Krippenplätze.
Aber in Wahrheit ist die politisch denkende Juristin im nächsten Moment schon bei den neuen, aktuell anstehenden Themen. Es gebe Vorschläge von Sachverständigen, eine sogenannte Optionszeit im Berufsleben einzuführen, in der Frauen oder Männer sich um alte Eltern kümmern oder ihre Kinder erziehen können. Eine flexible Lösung, die es ermöglicht, für die Rentenanwartschaft die versäumte Zeit am Ende des Arbeitslebens nachzuholen. Denn dann droht weit seltener eine Doppelbelastung durch Beruf und Familienarbeit. "Aber, ob das umsetzbar ist?", fragt sie sich selbst laut. Doch sie hat es am Anfang gesagt: Sie liebt abstrakte Modelle. Und wie man weiß, wird aus Modellen manchmal Realität.