Für den versierten Redner gilt als chic, seinen Vortrag mit Zitaten prominenter Zeit- oder Vorzeitgenossen zu garnieren. Geheimrat von Goethe wird gerne genommen. Gut machen sich Platon oder Aristoteles. Für Bildungsbürger darf es auch ein bisschen Latein sein. Im politischen Umfeld beziehen sich Redner immer wieder auf einstige Parteigranden - Konrad Adenauer zum Beispiel oder Ludwig Erhardt. Auf der anderen Seite ist Willy Brandt ein echter (B)renner. Ist der einmal ausgebrannt, tuts auch Herbert Wehner. Mit der "Herzkammer der Republik", wie er das Ruhrgebiet einmal nannte, ist er nicht nur in roten Reden präsent.
Eher unerwartet hat jüngst eine weitere Aussage Wehners an Aktualität gewonnen. Wer raus gehe, müsse auch wieder reinkommen, hatte er einst der Union hinterher gerufen. Medial scheint sich Rausgehen nun zum Trend zu entwickeln. Erst verließ Eva Herman die Plauderstunde bei JBK. Nun hielt es ZDF-Wissenschaftsmann und Knoff-Hoff-Veteran Joachim Bublath bei Maischberger nicht mehr aus und ... - richtig, ging hinaus. Beide strafen Wehner jedoch retrospektiv lügen: Weder Hermans Eva noch Physiker Bublath kamen wieder herein - Eva durfte nicht, Bublath wollte nicht. Für die TV-Sendungen erwiesen sich die Abgänge allerdings als echte Glücksfälle, bescherten sie doch beiden ein bisher kaum gekanntes Medienecho.
Das Doppel Herman-Bublath hat so ein neues Trend-Prinzip begründet, das in der Politik Anwendung finden könnte, um nicht zu schreiben, sollte, und breite mediale Berichterstattung, auch in politikfernen Medien sicherstellt. Rausgehen und - entgegen Wehner - nicht wieder reinkommen und alles Sperrige wie Pendlerpauschale, Mindestlohn, Bahnprivatisierung und das Arbeitslosengeld I rückt in den Hintergrund. So sieht wirksame Bekämpfung von Politikverdrossenheit aus!