Schlangenlinienfahrt mit 0,5 Promille - und schon ist der Führerschein weg. Ein unauffälliger Fahrstil mit immerhin 0,8 Promille lässt hingegen nur ein Bußgeld zu. "Wer soll das überhaupt noch verstehen?", ruft Elke Ferner (SPD) während der Debatte am 14. November 1997 in Richtung Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP. Ferners Unverständnis galt der geplanten Einführung einer neuen Promillegrenze im Straßenverkehr.
Autofahrer mit einem Blutalkoholwert von über 0,5 Promille sollten demnach mit Bußgeldern und Punkten in Flensburg bestraft werden. Vorher durfte, wer bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle mit unter 0,8 Promille angetroffen worden war, unbehelligt weiterfahren.
Was die Gemüter der Opposition so erregte, war nicht etwa die Senkung der Promillegrenze. Es war die Tatsache, dass die neue 0,5-Grenze die alte von 0,8 nicht etwa ablösen, sondern an ihre Seite treten sollte. Ein Führerscheinentzug wäre nämlich mit dem neuen Gesetz nach wie vor erst ab einem Wert von 0,8 Promille möglich gewesen, solange der Fahrer nicht durch grobe Fahrfehler aufgefallen war, versteht sich. "Ein fauler Kompromiss, ein Durcheinander" schallte es aus den Bänken der SPD-Fraktion über diese Regelung, die schließlich mit den Stimmen der Regierungskoalition angenommen wurde.
Zweifler an der Wirksamkeit der Neuregelung gab es viele. Mit der neuen Promillegrenze, hatten die Kritiker spöttisch bemerkt, werde den Autofahrern augenzwinkernd signalisiert: zwischen 0,5 und 0,8 Promille sei alles gar nicht so schlimm.
Dass dem nicht so ist, hatte der Vorsitzende des Rechtsausschusses Horst Eylmann (CDU) einige Wochen vor der Promille-Debatte am eigenen Leib erfahren müssen. Nach dem Genuss hochprozentiger Getränke fuhr er mit knapp 0,8 Promille seinem Vordermann in den Kofferraum. Das war jedoch nicht weiter schlimm - Eylmann hatte sich einem Selbstversuch unterzogen und war dafür in einen Fahrsimulator gestiegen.