Wieso trägt Justitia eigentlich eine Augenbinde? Weil sie ohne Ansehen der Streitparteien gerecht urteilen soll? Oder weil sie das Unrecht des Einen und das Recht des Anderen manches Mal lieber übersehen möchte? Letzteres liegt nahe, wenn man den Ermittlungen dreier investigativ geschulter Journalisten glauben darf. Ihren profunden Recherchen zufolge sind "Korruption und Willkür in der deutschen Justiz" längst keine Einzelfälle mehr. Zahlreiche Indizien und Verdachtsmomente weisen darauf hin, dass Justitias Jünger regelmäßig beide Augen zudrücken, wenn gewerbesteuerkräftige Automobilhersteller in unsaubere Geschäfte verwickelt sind oder bei Mordfällen fahrlässig ermittelt worden ist.
So schockierend nicht geahndete "Kunstfehler" protegierter Ärzte oder geduldete Kinderprostitution auch sind, einen Generalverdacht gegen alle Richter, Staatsanwälte und Polizisten begründen die hervorragend dokumentierten Einzelfälle nicht. Dennoch beweisen sie, dass eine unabhängige Justiz nicht nur mehr Steuergelder oder Stellen benötigt, sondern vor allem couragierte Staatsdiener und unabhängige Kontrolleure braucht. Damit ein Buch wie dieses nicht mehr geschrieben werden muss. jvb
Anklage unerwünscht. Korruption und Willkür in der deutschen Justiz.
Eichborn Verlag, Frankfurt/M. 2007; 304 S., 19,95 ¤