Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
EU WILL BEI NEUER WTO-RUNDE AUCH SOZIALSTANDARDS THEMATISIEREN
Berlin: (hib/KER-en) Bei der anstehenden neuen Runde der Welthandelsorganisation (WTO) in Seattle will sich die Europäische Union neben einem verbesserten Marktzugang für Entwicklungsländer auch für die Erarbeitung von Handels- und Arbeitsnormen stark machen. Das erklärte die Bundesregierung am Mittwochvormittag im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, als sie diesen über die Vorbereitungen zur neuen WTO-Runde informierte.
Die Europäische Union wird sich Regierungsangaben zufolge in Seattle unter anderem für eine weitere Liberalisierung im Agrar- und Dienstleistungsbereich einsetzen, für den Abbau tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse im nichtagrarischen Bereich sowie für einen verbesserten Zugang von Entwicklungsländern zu den Streitschlichtungsverfahren der WTO. Langfristiges Ziel sei es, so die Bundesregierung, die Entwicklungsländer besser in die Weltwirtschaft zu integrieren und in das internationale Handelssystem einzubinden.
Bei dem Versuch, Sozialstandards auch in Entwicklungsländern einzuführen und zu schützen, gelte es aber, den Entwicklungsländern klarzumachen, dass keine protektionistischen Motive dahinterstünden. Die Industrieländer müssten zeigen, dass sie in der Lage seien, die Entwicklungsländer ernst zu nehmen und diese bei der Umsetzung von Sozialstandards zu unterstützen.
Auf Nachfrage des Ausschusses erläuterte die Regierung, auch sie halte es für notwendig, zwischen den verschiedenen Entwicklungsländern zu unterscheiden. Die ärmsten der Staaten (LDC) brauchten sicherlich andere Formen der Unterstützung als zum Beispiel Brasilien oder Indien. Bei dem Versuch, den Entwicklungsländern einen besseren Zugang zu den Streitschlichtungsmechanismen der WTO zu ermöglichen, würden verschiedene Modelle innerhalb der EU favorisiert.
Die Bundesregierung sei dafür, dies auf der WTO-Basis zu forcieren und entsprechende Institutionen der Welthandelsorganisation zu stärken. Dies hätte auch den Vorteil, dass die finanzielle Unterstützung durch die WTO erfolge und nicht außerhalb der Organisation. Auf die Frage der Abgeordneten, wie die Zusammenarbeit der EU mit Japan und den USA sei, erklärte die Regierung, mit Japan sei man "sehr auf einer Linie”. Im Verhältnis zu den USA ergebe sich das Problem, dass diese in der Sache selbst noch Unsicherheiten hätten und selbst noch keine klare Linie verträten. Gerade im Verhältnis zu den ärmsten Entwicklungsländern gebe es bei den USA noch "Nachholbedarf”. Es fehle dort noch an der Bereitschaft, den LDC entgegenzukommen.
Die Vertreterin des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung versicherte ebenso wie die Vertreterin des Bundeswirtschaftsministeriums, in der Sache zögen beide Ministerien an einem Strang und unterstützen sich gegenseitig. Bei der bisherigen Aufgabenverteilung zwischen beiden Ministerien werde es aber bleiben. Es sei nicht vorgesehen, Kompetenzen des einen auf das andere Ministerium zu übertragen. Zu der veranschlagten Dauer der neuen WTO-Runde erklärte die Bundesregierung, sie gehe "optimistisch” von zunächst drei Jahren aus. Danach werde sich herauskristallisieren, in welchen Bereichen noch weiter verhandelt werden müsse.