In Deutschland lebende Ausländer dürfen bei Kommunalwahlen nicht an die Urnen. Das entschied das Bundesverfassungsgericht am 31. Oktober 1990 einstimmig. Die Karlsruher Richter erklärten damit das bestehende Kommunalwahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein und Hamburg für mit dem Grundgesetz unvereinbar.
Der Zweite Karlsuher Senat gab mit dieser Entscheidung einer Klage der Bundestagsfraktion der Union und der bayerischen Staatsregierung statt. Während die Bonner Koalition aus CDU/CSU und FDP das Urteil begrüßte, forderte die SPD eine Verfassungsänderung, weil eine europäische Einigung ohne ein kommunales Wahlrecht für Ausländer undenkbar sei. Für die beiden betroffenen SPD-geführten Landesregierungen in Kiel und Hamburg war das Urteil der Karlsruher Richter keine politische, sondern nur eine rechtliche Niederlage. Für die zukünftige Ausländerpolitik müssten nach Ansicht des damaligen Kieler Innenministers Hans-Peter Bull (SPD) nur andere Mittel gewählt werden.
Kiel und Hamburg hatten argumentiert, man wolle auch Ausländer an Wahlen beteiligen, weil dieses Recht Deutschen in anderen Staaten teilweise gewährt werde. In drei EG-Ländern, nämlich Dänemark, Irland und den Niederlanden, konnten zur damaligen Zeit Ausländer grundsätzlich an Kommunalwahlen teilnehmen. Voraussetzung war, dass sie volljährig und schon eine bestimmte Zeit dort gemeldet waren - je nach Land zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.
In ihrer Begründung schrieben die Verfassungsrichter, dass das kommunale Ausländerwahlrecht gegen den Artikel 28 des Grundgesetzes verstoße, in dem es heißt: "In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muss das Volk eine Vertretung haben [...]". Mit dem Begriff "Volk" sei aber nur das Staatsvolk, also das deutsche Volk, gemeint. In der Urteilsbegründung heißt es: "Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bestimmt, dass das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland Träger und Subjekt der Staatsgewalt ist. Damit wird für das Wahlrecht, durch dessen Ausübung das Volk in erster Linie die ihm zukommende Staatsgewalt wahrnimmt, nach der Konzeption des Grundgesetzes die Eigenschaft als Deutscher vorausgesetzt." Die Verfassung fordere eine einheitliche demokratische Legitimation: "Wahlen, bei denen auch Ausländer wahlberechtigt sind, können demokratische Legitimation nicht vermitteln." Folglich sei nicht nur ausgeschlossen, das Ausländer sich an Kommunalwahlen beteiligen. Auch bei Bundestags- und Landtagswahlen sei ein Ausländerwahlrecht nicht zulässig.
Schleswig-Holstein und Hamburg waren anderer Meinung: Sie sahen es als gegeben an, dass sich der Volksbegriff durch den wachsenden Ausländeranteil der Bevölkerung verändert habe.
Die Karsruher Richter gingen auf diesen Einwand ein und wiesen darauf hin, dass man durch eine Verfassungsänderung, die den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft erleichtere, der Ausübung politischer Rechte besser Rechnung tragen könne. Ausländer blieben so nicht endgültig von Wahlen ausgeschlossen. Bisher konnten sie nur über so genannte Ausländerbeiräte Einfluss auf das politische Leben nehmen. Aufgabenstellung und Zusammensetzung dieser Räte, die nur beratende Funktion haben, sind allerdings je nach Bundesland sehr unterschiedlich.
Um Ausländern mehr Partizipationsmöglichkeiten zu geben, hatten die beiden SPD-Regierungen in Kiel und Hamburg die Regelungen gegen den Widerstand der CDU eingeführt. In Schleswig-Holstein hätten so 7.000 Ausländer, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, mitentscheiden können. Doch schon im Oktober 1989 hatte Karsruhe mit einer einstweiligen Verfügung verhindert, dass die Ausländer bei der Kommunalwahl im März 1990 ein Kreuz machen durften.
In Hamburg hätte es bedeutet, dass etwa 90.000 Ausländer, die seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben, an den Wahlen zu den Bezirksversammlungen teilnehmen können.
Die SPD zeigte sich im Gegensatz zur Bundesregierung enttäuscht über das Urteil, kündigte aber an, eine Grundgesetzänderung zu initiieren. Und auch die rot-grüne Regierung in Hannover versprach, eine neue Lösung für das Problem zu suchen.
Auf europäischer Ebene hatte eine Mehrheit der EG-Mitgliedsstatten sich schon damals dafür ausgesprochen, dass ein europaweites Kommunalwahlrecht für EU-Ausländer eingeführt werden sollte. Umgesetzt wurde das allerdings erst 1994, als der Vertrag von Maastricht und die darin vorgesehene Unionsbürgerschaft in Kraft traten.